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Wer verliert: Geldbesitzer oder Schuldner?

Realzinswende durch sinkende Inflation: Sparer erzielen wieder positive Erträge, aber Schuldner verlieren

Sparer profitieren von fallenden Preisen. In Deutschland erreichte die Inflationsrate im Januar 2015 einen negativen Wert von -0,4%. Diese Deflation beschert den Sparern trotz des geringen Zinsniveaus wieder positive Erträge, denn die niedrigen Zinserträge werden nicht mehr durch die Entwertung des Geldes aufgezehrt. Worauf es ankommt ist nicht der vertraglich vereinbarte Effektiv- oder Nominalzins, sondern der Realzins, der sich aus der Differenz von Nominalzinssatz und Inflationsrate ergibt. So konnten z.B. im Oktober 2008 private Haushalte, die in Bankeinlagen mit einer Laufzeit bis 1 Jahr investierten, im Durch­schnitt noch einen nominalen Zinsertrag von 4,4% erzielen, der bei einer Inflationsrate von 2,4% real noch 2% wert war. Täglich fällige Einlagen mit einem durchschnittlichen Effektiv­zins von 2% waren dagegen bereits ein Verlustgeschäft. Als dann die Europäische Zentral­bank den Refinanzierungszins für Banken immer weiter senkte, um die Finanz- und Staats­schuldenkrise einzudämmen, sanken die Effektivzinsen auch bei einjährigen Einlagen unter die Inflationsrate. Wie die unten stehenden Grafiken zeigen, war der Realzins in den letzten vier Jahren negativ (März 2010 – November 2014 für täglich fällige Einlagen und September 2010 - November 2014 für Einlagen bis 1 Jahr). Bedingt durch die anhaltende Rezession und den fallenden Ölpreis sank dann aber auch die Inflationsrate, so dass der Realzins Ende 2014 wieder die Nulllinie durchbrach. Im Januar 2015 konnte mit täglich fälligen Einlagen im Durchschnitt ein realer Ertrag von 0,65% und mit Einlagen bis 1 Jahr Laufzeit sogar ein realer Ertrag von 0,96% erzielt werden. Sparen würde sich sogar bei einem Nominalzins von Null lohnen, da die Kaufkraft des Geldes bei sinkendem Preisniveau steigt. Diese Deflationser­träge sind noch dazu steuerfrei.

Zins und Inflation / täglich fällige Einlagen Zins und Inflation / Einlagen bis ein Jahr

Quelle: Deutsche Bundesbank, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Diesen Gewinnen der Sparer stehen allerdings Verluste der Kreditnehmer gegenüber. Da bei fallen­den Preisen das Nominaleinkommen sinkt, die nominale Höhe der Schulden aber unverändert bleibt, steigt die reale Schuldenlast. Diese sogenannte Schuldendeflation kann private Haushalte ebenso wie Unternehmen und ganze Staaten in die Insolvenz führen. Das Risiko, dass es soweit kommt, wird durch Geldillusion, d.h. Orientierung ökonomischer Entscheidungen am Nominalwert des Geldes erhöht. Ebenso wie sich Sparer üblicherweise am Nominalzinssatz von Anlagen orientieren und die Inflation vernachlässigen, tendieren Kreditnehmer dazu, die Folgen von Deflation für den realen Wert ihrer Schulden auszublenden. So sank z.B. der durchschnittliche (Nominal-)Zinssatz auf Wohnungs­baukredite für private Haushalte von 5,4% im Oktober 2008 auf 2% im Januar 2015, was zu einer zunehmenden Verschuldung führte. In realen Werten fiel dieser Kreditzins bei einer Inflationsrate nahe 2% zeitweise sogar unter die 1% Marke. Wie die untenstehende Grafik zeigt, lässt sich aber seit Sommer 2013 eine Trendwende beobachten. Der Realzinssatz auf Wohnungsbaukredite stieg trotz weiter sinkender Nominalzinsen von 0,8% im Juli 2013 auf 2,4% im Januar 2015 an.

Zins und Inflation / Wohnungsbaukredite

Quelle: Deutsche Bundesbank, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen


Deflation ist gefährlicher als Inflation, insbesondere für überschuldete Kreditnehmer. Auf gesamt­wirtschaftlicher Ebene kann ein Teufelskreislauf fallender Preise und fallender Nachfrage entstehen: der Anstieg der realen Schuldenlast treibt Schuldner in die Insolvenz, womit die gesamtwirtschaftli­che Nachfrage sinkt, die Preise und damit auch Nominaleinkommen weiter fallen und die reale Schuldenlast weiter steigt. Der amerikanische Ökonom Irving Fisher hat damit die Weltwirtschafts­krise 1933 erklärt. Eine Schuldendeflation ist auch bei positiver Inflation möglich, solange die erwar­tete Inflationsrate sinkt.
Deutschland muss sich aufgrund seiner relativ geringen Staatsverschuldung (75% im Vergleich zu 92% des BIP im Durchschnitt der Eurozone Ende 2014) und relativ hohen Inflationsrate (-0,4% im Vergleich zu -0,6% im Durchschnitt der Eurozone im Januar 2015) wenig Sorgen machen. Griechenland dagegen ist das Mitgliedsland der Eurozone, das sowohl die höchste Staatsverschul­dung (176% des BIP Ende 2014) als auch die höchste Deflation (-2,8% im Januar 2015) aufweist (Eurostat). Betrachtet man dagegen nicht nur die Schulden des Staates, sondern auch die der Unter­nehmen, Banken und Privathaushalte, so sind die Niederlande und Irland die Mitgliedsländer der Eurozone mit der höchsten Schuldenlast. Die Gesamtsumme der Schulden übersteigt dort nach einer Studie des McKinsey Global Institute das 6,8-Fache der Wirtschaftsleistung, im Vergleich zum 2,5-Fachen in Deutschland und dem 2,8-Fachen auf der ganzen Welt (http://www.mckinsey.com/insights/economic_studies/debt_and_not_much_deleveraging). Eine weitere Absenkung der dort ebenfalls negativen Inflationsraten (Niederlande: -0,7%, Irland: -0,4% im Januar 2015) ist dort besonders gefährlich. Die Europäische Zentralbank muss deshalb alles darauf setzen, positive Inflationserwartungen zu erzeugen, um eine Schuldendeflationsspirale abzuwenden. Ihre unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen mit einer Ausweitung von Staatsanleihenkäufen dienen somit nicht nur den südlichen Peripherieländern.


Doris Neuberger, 13. März 2015


ID: 48761
Author(s): DN
Publication date: 13/03/15
   
 

Created: 20/03/15. Last changed: 20/03/15.
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