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Unbillige Buchungsgebühren? Der Bundesgerichtshof entwickelt einen eigenartig unsozialen und von seiner Willkür abhängigen Verbraucherschutz.

Der Bundesgerichtshof (27.1. 2015 - XI ZR 174/13) hat laut Presserklärung die Gebühr einer Volksbank von 15c pro Buchung für Einzahlung oder Auszahlung für nichtig erklärt. Sie verstoße gegen das Verbot, von Vorschriften des BGB abzuweichen, wenn deren wesentliche Grundgedanken verletzt seien. Anders als die Vorinstanz des OLG Bamberg sieht der BGH einen Verstoß gegen § 675y BGB für gegeben an. Die Gründe liegen noch nicht vor. Sie werden jedoch entscheidender sein als das Urteil. Dieses könnte vorschnell in Presse aber auch Verbraucherverbänden als ein sieg für den Verbraucherschutz gefeiert werden, mit dem (zusammen mit der Entscheidung zur Bearbeitugnsgebühr) der Bankensenat seinen Nimbus als Senat der Banken verlieren könnte. Es lohnt sich daher schon jetzt, wo die Presse reagiert, genauer hinzuschauen.

 

Die Gebührenverbote des BGH – mehr Gerechtigkeit oder Produktpolitik?

Diese Vorschrift, die der BGH nach der Presseerklärung zugrunde legt, gehört nicht zum historischen Erbe des BGB. Sie ist durch die EU in das BGB  gekommen und sollte die Unart beenden, dass Überweisungen nicht mehr ausreichten, weil Banken einfach Gebühren abgezogen hatten (Abs.1 S.2). Der Sinn dieser Beschränkung bestand also nicht darin, Entgelte zu verbieten oder die Geschäftspolitik einer Bank zu beeinflussen, ob sie nun Kontopauschalen oder Einzelgebühren nimmt. Bei falscher Belastung sollte die Gebühr sozusagen als Strafe ganz wegfallen. Abgesehen davon, dass das Urteil u.E. das Gesetz nicht korrekt anwendet, werden dadurch die Kosten für die Verbraucher nicht geringer. An die Stelle von Einzelgebühren treten Pauschalen. In den Pauschalen aber findet eine Kostenumverteilung von den Reichen auf die Armen statt, weil die wenigen Kontobewegungen der Ärmeren genauso belastet werden wie die vielen der Reichen. Die Vorstellung, dass eine Pauschale gerechter sei als eine Einzelgebühr, wie es das Verdikt des §307 BGB verlangt,  ist schon merkwürdig. Unabhängig davon wird jetzt eine Bürokratie der Gebührenrückerstattung losgetreten, mit der die Verbraucher, die Zeit, Geld und Wissen haben, um sich um so etwas kümmern zu können, die Verbraucherverbände beschäftigen werden.

 

Unvermeidbare Gebühren dürfen nicht gesondert belastet werden.

Dabei hat der Bundesgerichtshof die Frage in anderer Besetzung schon einmal klar und vor allem sozial gerecht entschieden, als er die 1 DM Bareinzahlungsgebühr bei einer Bank für nichtig erklärte (BGH, Urteil vom 30. 11. 1993 - Az.: XI ZR 80/93). Die Zielrichtung damals aber war genau umgekehrt. Die Klausel war nichtig, weil damit Kreditnehmern, die ihre Kredite zurückbezahlten, auf dem Umweg über die Kontoeinzahlungsgebühr noch eine besondere Belastung auferlegt wurde, obwohl sie ein gesetzliches Recht  zur Schuldentilgung haben. Außerdem hat der BGH es zu Recht für mit der Natur eines Girokontos unvereinbar erklärt, wenn nicht wenigstens (insbesondere beim Mindestgirokonto) 5 Buchungen damit frei möglich sind (Urteil vom 07.05.1996 - Az.: XI ZR 217/95). Die Verbraucherzentrale NRW hat diese Rechtsprechung zusammengestellt. Man kann sie ähnlich wie de.Wikipedia "Bankgebühr" so zusammenfassen, dass eine Bank nur für Wahlleistungen nicht aber für Pflichtleistungen, die mit Kredit und Konto verbunden sind, gesonderte Gebühren berechnen darf. Nur bei Wahlleistungen macht eine gesonderte Gebühr Sinn, weil der Kunde sie ja vermeiden kann. Außerdem hat die ältere Rechtsprechung klargestellt, dass ein Girokonto in erster Linie dem Zahlungsverkehr dient. Daran ändert auch die unsinnige EU-Unterscheidung zwischen Kontovertrag und Zahlungsvertrag nichts. Buchungen sind daher keine Zusatzleistungen. Dass aber viele Buchungen vor allem, wenn sie am Schalter bewirkt werden, mehr kosten als automatische bzw. wenige sollte nicht nur den Betriebswirten einleuchten.

 

Das Verstecken von Zinsen, Provisionen und Risiken.

Die Subprime Krise wurde durch massiven Betrug der Banken an amerikanischen Hypothekenkreditnehmern ausgelöst. Die Möglichkeiten dazu sind auch in Deutschland nicht beschränkt worden. Die Urteile des BGH bei Kreditverkäufen, Vorfälligkeit, Umschuldungen sind nach wie vor verbraucherfeindlich. Was stattdessen geboten wird kann man als Kosmetik bezeichnen. Das gilt auch für die juristische Begründung der vielbejubelten Nichtigkeitserklärung von Bearbeitungsgebühren im Ratenkredit (vgl. dazu unseren Kommentar). Die Entscheidung zur Nichtigkeit ist, wie wir es seit langem betonen, im Ergebnis zwar richtig. Banken, die behaupten, der Abschluss eines Kredites über 100.000 € koste sie 100mal mehr als der Abschluss eines Kredites über 1000 €, verstecken nur ihre höheren Zinsen, weil sie die wie vieles andere nach wie vor nicht im werbewirksamen Sollzins ausweisen und wie Zinsen behandeln müssen. Außerdem können sie Einmalgebühren nach wie vor bei jeder Umschuldung voll einbehalten und müssen sie nicht anteilig erstatten. Sie hätten daher wie einst vom alten Bankensenat entwickelt wie ein Disagio behandelt werden müssen. Stattdessen erklärt der neue Senat sie für unbillig. Das geht an der Sache vorbei. Die verbraucherfeindliche Rechtsprechung zu den eigentlichen Probleme der Verbraucher und Schuldner, wie wucherische Vorfälligkeitsentschädigung, Restschuldversicherungsprämien, Umschuldungen, ergebnisoffenen Lebensversicherungshypotheken oder Schrottimmobilienrenten, kann damit gut koexistieren, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln.
 

Verbraucherschutz ist kein Paternalismus.

Die vorliegende Rechtsprechung ist für Banken wie Verbraucher kaum berechenbar und beruht auf einer paternalistischen Fürsorgevorstellung für den unmündigen Verbraucher. Mit Urteilen zur Intransparenz und Unbilligkeit wird Verbraucherschutz noch weiter zur Einstellungssache der Richter, die auch über die Folgen ihrer Entscheidung keine Rechenschaft mehr ablegen. Die Richter stehen hier leider nicht alleine. Jüüngst meldete sich der Deutsche Juristentag mit der These, nur die sozial Schwachen bräuchten überhaupt noch Verbraucherschutz. Auch die EU entdeckt den vulnerable consumer. Verbraucherschutz wird damit von einer notwendigen Markt- und Angebotskontrolle zu einem Zweig der Sozialhilfe degradiert.

Gerade das aber hatte der G20 Gipfel mit dem Begriff "kollektiver Verbraucherschutz" als neuem Aufsichtziel zur Verhinderung von Finanzkrisen versucht umzukehren. Werthaltige Kredite, verantwortliche Kreditvergabe und eine klare Preis- und Belastungskalkulation auch bei Kombiprodukten oder finanzierten Anlagen verhindern das, was als Hochrisikotrakt der Geldmärkte bezeichnet werden kann. Die juristische Arbeit sollte bei versteckten Provisionen, ausgelagerten Zinsen, wucherischen Umschuldungen ansetzen und vor allem korrekte Berechnungen verlangen. Dafür brauchen wir dann die Marktwächterfunktion der Verbraucherverbände nicht aber zum Eintreiben von windfall profits einer Gebührenrechtsprechung. Die juristische Schnäppchenjagd gegenüber Banken geht in die falsche Richtung.

Widerspruch zu diesen provokanten Thesen und eine Diskussion, ob alles was einem Verbraucher nützt auch Verbraucherschutz ist, wird vom Autor ausdrücklich gewünscht.  (UR)



ID: 48695
Author(s): UR
Publication date: 27/01/15
   
 

Created: 27/01/15. Last changed: 27/01/15.
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