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Kritik an der Mikrofinanzindustrie: Immer noch zu wenig Verantwortliche Kreditvergabe - Ein Insider versucht, den Sektor bei zügigen und notwendigen Reformen zu unterstützen

Ein kritisches Buch von Hugh Sinclair soll den Mikrofinanzsektor dazu bringen, sich selbst zu hinterfragen. Sinclair kritisiert die Mikrofinanzindustrie. Er hat zuvor für eine Mikrofinanzorganisation gearbeitet und besitzt daher profundes Wissen über die Ausbeutung der Kreditnehmer. Den Anbietern ging es letztlich nur um ihre eigene Profitmaximierung. Zugegeben, es existieren einige Organisationen, die nicht an Ausbeutung und Gewinnmaximierung interessiert sind, sondern den Menschen ernsthaft helfen wollen. Leider hat der Mikrofinanzmarkt offenbart, dass er nicht selbstkritisch genug und nicht ausreichend reguliert ist. 

Nach Skandalen und Studien, welche die Versprechen des Mikrofinanzsektors hinterfragen sowie nach Initiativen der Weltbank/CGAP und einem Verhaltenskodex/Prinzipien der Industrie(wie berichtet auf der ECRC Website in 2011) ist es nach wie vor nicht evident, dass Mikrofinanzinstitute (und Mikrofinanz im Allgemeinen) eine verantwortungsvolle Vergabe und eine verantwortungsvolle Begleitung der Kredite nachweisen können.

Hugh Sinclair erzählt über die erlebten Frustrationen in dem Buch “Confessions of a Microfinance Heretic – How Microlending Lost Its Way and Betrayed the Poor”, erschienen im Berrett-Koehler Verlag. Er erfüllt ungern die Funktion eines Whistleblowers (Hinweisgeber), seine Ziele jedoch sind Transparenz und nachhaltige Entwicklung des Mikrofinanzmarktes. Folgend ein Auszug aus seinem Buch auf Englisch: 

“In an attempt to finally shed some light on how this sector works, all supporting documents, emails, audio recordings and video footage will be available on the website. Although the book is likely to incur the wrath of those mentioned, the first reviews have been overwhelmingly positive and it has been endorsed by some of the leading voices in the sector. For those of you in the US this July, I am doing a series of events that you may wish to attend, and I’ll be in Europe later in the year.

This is not a dry text-book, but a memoir/detective-story. It is not technical, and is not aimed at microfinance insiders as much as the proverbial “man on the street”. The goal is to spread the message that microfinance can and does work, but has been hi-jacked by a relatively small group of individuals and institutions that profit substantially from the exploitation of the poor, while maintaining a powerful PR machine to ensure well-meaning individuals, NGOs and governments continue to hand money to these intermediaries on the basis of often knowingly false evidence. Sad, controversial, but alas true.”

Sinclair berichtet von einigen wenigen "guten" Mikrokreditbanken, die zu angemessenen Zinssätzen Geld verliehen, Überschuldung der Kunden vermieden - und kaum Profite machten. Investoren müssen lernen, zielgerichtet die verantwortungsbewussten Organisationen zu identifizieren und weniger pauschal einfach Geld möglichst gewinnbringend am Markt platzieren zu wollen. Die ECRC will diese Diskussion über die Mikrofinanzindustrie unterstützen. Der Zugang zu Finanzdienstleistungen ist zu wichtig, als dass das Stellen unbequemer Fragen verboten wäre. Das ECRC-Mitglied iff hat schon vor über 10 Jahren Prinzipien zum Microlending
mitgeteilt und Reifner hat bereits einen Vortrag über den “Mythos Microlending - Zur Ideologie des Finanzsystems” gehalten, der ebenfalls eine kritische Debatte angestossen hat.

Den Spiegel-Artikel über dieses Buch finden sie hier:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/mikrokredite-hugh-sinclair-rechnet-in-seinem-buch-mit-der-branche-ab-a-841303.html

 

Zur Erinnerung

 

iff Prinzipien zum Microlending

English

  1. Microlending verschafft Kapital für bestehende oder durch andere Hilfen und Umstände begünstigte Gründungen von Kleinstunternehmen. Der Kredit alleine schafft normalerweise keine Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose. Allerdings kann Microlending dort, wo es ein Instrument innerhalb eines Programms mit Informationen und Hilfestellungen für die Existenzgründung ist, vor allem als ein Bildungsprogramm zur Wiedererlangung von Arbeitsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt sein. Daher muss seine Inanspruchnahme absolut freiwillig sein und es muss der Ausstieg gewährleistet werden. Selbstständigkeit und produktive Kreditnutzung stellen höhere Anforderungen an die Arbeiter als der abhängige Arbeitsmarkt.
  2. Microlending ist keine Alternative für den Rückzug der Banken aus der Finanzierung von Existenzgründern und Kleinunternehmen in strukturschwachen Stadtteilen und Gebieten.
  3. Microlending darf die aus dem informellen Sektor der Kreditvergabe bekannten persönlichen Abhängigkeiten (Kreditvergabe an Vertreter in Strukturbetrieben, an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, durch Geldverleiher an Kleingewerbetreibende in Süditalien, durch Schuldbeitreibungsorganisationen an Überschuldete etc.) nicht aufweisen.
  4. Microlending muss mindestens das Schutzniveau von Konsumentenkrediten erreichen und zwar beide Aspekte: den sozialen Schutz bei Krisen sowie den informationellen Schutz bei Akquisition und Prognose. Zu diesen in den kontinental-europäischen Verbraucherkreditgesetzen niedergelegten Mindeststandards gehören Transparenz, Schutz des Konsumeinkommens vor überhöhten Zinsen, Schutz in der Krise, Lösungs- und Widerrufsrechte, Schutz der Familien, professionelle Überwachung der Kreditgeber und Haftung für falsche Beratung.
  5. Die Kosten für den Kunden müssen (regelmäßig über Subventionen erreicht) unterhalb der Erlöse aus dem eingesetzten Kapital liegen und dürfen nicht als Abzug vom Arbeitslohn in Erscheinung treten. Zinssätze weit über Marktniveau sind als Abzug vom Existenzeinkommen abzulehnen.
  6. Bei neuen Sicherheiten sind die Familien ebenso wie im Konsumentenkredit vor Überschuldung zu schützen. Gruppenzwänge und Überwachungsmechanismen dürfen die individuelle Freiheit der Kreditnehmer nicht übermäßig belasten und nicht unbeteiligte Dritte einbeziehen.
  7. Die Grundsätze zur arbeitsrechtlichen Erfassung von Scheinselbstständigkeit müssen auch im Microlending im Verhältnis zwischen Kunde und Microlender gelten.
  8. Microlending Programme sollten in direkter Verantwortung zugelassener, kontrollierter und erfahrener Finanzdienstleister erprobt und empirisch evaluiert werden. Die Zuständigkeit der Finanzaufsicht ist zu gewährleisten. Unqualifizierte Banker in einem grauen Zweitmarkt des Bankgeschäftes für Arme als Form einer Gettowirtschaft darf es nicht geben.
  9. Microlending sollte als wesentliches Ziel die Fähigkeit herausstellen aus dem Microlending in das allgemeine Bankkreditgeschäft zu wechseln, indem durch zeitliche Grenzen des Kredits ein Festhalten unterbunden wird, die bildungsmäßigen Voraussetzungen für Bankgeschäfte ("finanzielle Grundbildung") geschaffen werden und sich damit das Microlending als Zugangsprogramm zum normalen Bankgeschäft erweist.
  10. Eine Lockerung des Kreditmonopols der Banken sollte vor allem den Banken mehr Freiheit bei der Gestaltung solcher Programme eröffnen, nicht jedoch einen neuen Markt des Problemkredites zulassen, der auch für kommerzielle Kleinstkreditgeber offen wäre.

ID: 48095
Publication date: 11/07/12
   
URL(s):

Previous ECRC post from 2011 about the CGAP and SMART Campaign Principles

European Code of Good Conduct for Microcredit Provision

iff Prinzipien (verschiedene)

Link zu iff Webseite: "Mythos Microlending"
 

Created: 11/07/12. Last changed: 03/09/13.
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