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Bundesdatenschutzgesetz, Gesetzesänderung, Datenschutz, Auskunftei, Scoring
iff-Infobrief
1 Gesetzesänderung beim Datenschutz

Das Bundesdatenschutzgesetz hat das Ziel, Verbraucher vor der für sie nachteiligen Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zu schützen. Am 01.04.2010 tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, die den Bereich Auskunfteien und Scoring neu regelt (vgl. BT-Drucksache 16/10529 und 16/13219, Zusammenfassung der Gesetzesänderung von Pauly/Ritzer, WM 2010 Seite 8; Stellungnahme des Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) zum BDSG-Entwurf vom 17.06.208). Im Folgenden werden die für die Verbraucher wichtigen Neuerungen dargestellt.

Die bekannteste Auskunftei ist die Schufa Holding AG (Schufa). Jeder Verbraucher, der einen Kredit benötigt, einen Handyvertrag schließen will oder auch nur ein Girokonto eröffnen möchte, weiß, dass er mit einer „schlechten Schufa“ nicht weiterkommt. Die potentiellen Vertragspartner verweigern bei negativen Einträgen meist ohne weitere klärende Gespräche den Abschluss des gewünschten Vertrages.

Mittlerweile gibt es neben der Schufa noch andere Auskunfteien, wie z.B. Creditreform und Bürgel. Auskunfteien sind Unternehmen, die wirtschaftsrelevante Daten über Personen sammeln und sie Anderen gegen Entgelt zur Verfügung stellen, sofern diese ein berechtigtes Interesse an den Daten nachweisen. Ein berechtigtes Interesse liegt insbesondere bei Geschäftsanbahnungen und Forderungseinzügen vor. Das Interesse umfasst dabei jene Daten, die Auskunft über die Bonität einer Person geben können.

Gerade die Frage nach der Aussagefähigkeit der Daten hat in der Vergangenheit zu viel Verwirrung geführt: Bedeutet die Tatsache, dass man in einer sozial schwachen Gegend wohnt, tatsächlich schon, dass man seine Rechnungen nicht bezahlt? Ist man per se ein zahlungsunfähiger und zahlungsunwilliger Mensch, nur weil man eine nach eigener Ansicht unberechtigte Forderung nicht bezahlt hat? Darf es als schlechtes Zeichen gewertet werden, dass man sich vor Abschluss eines Darlehensvertrages bei verschiedenen Banken nach deren Kreditkonditionen erkundigt hat?

Diese Fragen stellen sich immer mehr Verbraucher, nachdem sie überrascht feststellen mussten, dass sie eine „schlechte Schufa“ haben, obwohl sie nicht überschuldet sind und ihre Verbindlichkeiten regelmäßig bezahlen.

Mit dem neu eingeführten § 28a Abs. 1 BDSG wird geregelt, wann Schulden an eine Auskunftei übermittelt werden dürfen.

Das soll zukünftig nur möglich sein, wenn die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, die Übermittlung der Daten zur Wahrung der berechtigten Interessen der verantwortlichen Stelle (Vertragspartner) oder eines Dritten erforderlich ist und eine der folgenden Fallgruppen vorliegt:

• Die Forderung ist durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden oder es liegt ein Schuldtitel nach § 794 ZPO vor. Daraus folgt, dass eine Forderung auch dann eingetragen werden darf, wenn der Betroffene gegen das Urteil Berufung eingelegt hat.

• Die Forderung ist nach § 178 InsO festgestellt worden und wurde vom Schuldner im Prüfungstermin nicht bestritten.

• Der Betroffene hat die Forderung ausdrücklich anerkannt.

• Der Betroffene ist nach Eintritt der Fälligkeit mindestens zweimal gemahnt worden und hat die Forderung nicht bestritten. Zwischen der ersten Mahnung und der Übermittlung der Daten müssen mindestens vier Wochen liegen und der Betroffene muss rechtzeitig vorher von der anstehenden Übermittlung informiert worden sein. Daraus folgt, dass betroffene Verbraucher die Möglichkeit haben, die Meldung an die Auskunftei durch Bestreiten der Forderung zu verhindern. Dies soll nur dann nicht möglich sein, wenn das Bestreiten treuwidrig ist. Hier streitet die Beweisführungslast für den Betroffenen. Ob ein Bestreiten der Forderung treuwidrig ist oder nicht, kann letztlich nur in einem gerichtlichen Verfahren geklärt werden.

• Das der Forderung zugrundeliegende Vertragsverhältnis kann aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden und die verantwortliche Stelle hat den Betroffenen über die bevorstehende Übermittlung unterrichtet. Daraus folgt, dass eine Übermittlung auch dann erfolgen kann, wenn die fristlose Kündigung tatsächlich gar nicht ausgesprochen wird. Ausreichend ist, dass ein Zahlungsrückstand vorliegt, der
eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde. Diese Fallgruppe betrifft insbesondere Telekommunikations- und Darlehensverträge.

In § 28a Abs. 2 S.1 BDSG wurde eine für Banken wesentliche Änderung aufgenommen. Die Norm enthält einen speziellen Erlaubnistatbestand für die Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen des Kreditgeschäfts, des Garantiegeschäfts und des Girogeschäfts. Einer gesonderten, zwischen Bank und Kunde vereinbarten Übermittlungseinwilligung (Schufa-Klausel im Vertrag) bedarf es zukünftig nicht mehr. Die Bank darf alle das Vertragsverhältnis beschreibenden Daten, wie z.B. Angaben über Begründung, Durchführung und Beendigung des Vertrages, an eine Auskunftei übermitteln. Nicht übermitteln darf sie hingegen inhaltliche Daten aus dem Vertrag wie beispielsweise Einkommensangaben des Betroffenen (BT-Drucksache 16/10529, Seite 15). Ebenso wenig dürfen Daten an eine Auskunftei übermittelt werden, wenn der Kunde nur ein Guthabenkonto eröffnet, d.h. beispielsweise ein Girokonto ohne Überziehungsmöglichkeit. Der Gesetzgeber hat diesen speziellen Erlaubnistatbestand der Banken geschaffen, weil die vom Kunden im Rahmen eines Kontoeröffnungs- oder Kreditvertrages erklärte Einwilligung zur Übermittlung seiner Daten an die Schufa im Regelfall nicht „freiwillig“ im Sinne des § 4a BDSG erfolgt. Die Kunden wüssten, dass sie ohne ihr Einverständnis zur Übermittlung ihrer Daten an die Schufa kein Konto und keinen Kredit erhalten. Sie seien gerade nicht frei in ihrer Entscheidung. Aufgrund dieses faktisch bestehenden Zwangs auf Seiten der Bankkunden hat sich der Gesetzgeber entschieden, die Befugnisse der Banken bei der Übermittlung personenbezogener Daten speziell zu regeln.

Für die Praxis sehr wichtig ist die Regelung in § 28a Abs. 2 S. 4 BDSG, wonach „die Übermittlung von Daten über Verhaltensweisen des Betroffenen, die im Rahmen eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses der Herstellung von Markttransparenz dienen, an Auskunfteien auch mit Einwilligung des Betroffenen unzulässig“ sind. Das heißt: Fragt ein Kunde nur nach den Kreditkonditionen, darf die Bank die Kundendaten nicht an eine Auskunftei melden. Diese unverbindlichen Konditionsanfragen dürfen nicht als konkrete Kreditanfragen (negativ) gewertet werden. Die Übermittlung der Daten an eine Auskunftei ist erst dann erlaubt, wenn der Kunde die ihm genannten Konditionen akzeptiert und tatsächlich ein Vertrag zustande kommt (BT-Drucksache 16/10529, Seite 15).

1.1 Scoring

Ein Score ist ein Wahrscheinlichkeitswert. Unter „Scoring“ versteht man gemäß dem neuen
§ 28b BDSG die Ermittlung eines Wahrscheinlichkeitswertes zum Zweck der Entscheidung
über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses. Der Scorewert sagt aus, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine bestimmte Person ein bestimmtes Verhalten zeigen wird. Es geht regelmäßig um die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Person zukünftig ihre Schulden bezahlen wird. Mithilfe mathematisch-statistischer Verfahren werden Bonitätskriterien wie z.B. Anzahl der Kredite, Anzahl der Kreditkündigungen, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, Wohnort und Alter in Zahlen umgewandelt und in Wahrscheinlichkeitswerte umgerechnet. Scorewerte entscheiden mit darüber, ob man überhaupt einen Vertrag (insbesondere Kredit) bekommt bzw. zu welchem Preis: Je schlechter der Scorewert, desto schlechter die (Kredit)Konditionen. Da die Score-Werte immer wichtiger werden, hat der Gesetzgeber zum Schutz der Verbraucher folgende Regelungen getroffen:

• Zunächst müssen die zur Berechnung des Scorewerts genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Wahrscheinlichkeitsberechnung des bestimmten Verhaltens erheblich sein. Dies führt zu einer Dokumentationspflicht der verantwortlichen Stelle, um den Zusammenhang bei einer Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde (§ 38 BDSG) belegen zu können.

• Für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswertes darf nicht ausschließlich auf Anschriftendaten zurückgegriffen werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll es zukünftig nicht mehr möglich sein, ganze Stadtviertel oder Straßenzüge per se vom Vertragsschluss auszugrenzen. Die Anschrift darf aber weiterhin ein Kriterium bei der Bestimmung des Score-Wertes sein. Diese Regelung hilft den Verbrauchern nicht wirklich weiter. Denn es ist gesetzlich nicht festgelegt, in welchem Ausmaß die Adresse in den Scorewert einfließen darf. Möglich ist nach dem Wortlaut des Gesetzes, dass der Scorewert zu 95% von der Adresse beeinflusst wird. Faktisch läuft das dann schließlich doch darauf hinaus, dass die Adresse von überragender Bedeutung ist.

• Soll bei der Berechnung des Wahrscheinlichkeitswertes auf die Anschriftendaten zurückgegriffen werden, muss der Betroffene vorher darüber informiert werden.

Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Ergänzung in § 6a I BDSG: Bereits jetzt ist in dieser Norm festgelegt, dass Entscheidungen, die für den Betroffenen eine rechtliche Folge nach sich ziehen oder ihn erheblich beeinträchtigen, nicht ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gestützt werden dürfen. In dem neuen Satz 2 wird konkretisiert, dass „eine ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung gestützte Entscheidung insbesondere dann vorliegt, wenn keine inhaltliche Bewertung und darauf gestützte Entscheidung durch eine natürliche Person stattgefunden hat“. Es soll verhindert werden, dass ablehnende Entscheidungen allein aufgrund von Persönlichkeitsprofilen getroffen werden. § 6a I 2 BDSG stellt klar, dass eine Prüfung des Score-Wertes vor einer endgültigen Entscheidung durch eine Person mit ausreichenden Befugnissen und Kenntnissen erfolgen muss (BT-Drucksache 16/10529, Seite 10).

2 Rechte der Verbraucher

Die Gesetzesänderung führt zu einer Erweiterung der Verbraucherrechte.

2.1 Auskunftsrechte

Die Verbraucher haben nach § 34 BDSG einen umfassenden Auskunftsanspruch. Der Auskunftsanspruch besteht sowohl gegenüber ihrem potentiellen Vertragspartner, also der „entscheidenden Stelle“ als auch gegenüber der Auskunftei. Die Verbraucher haben ein Recht darauf, zu erfahren, welche Daten über sie gespeichert wurden, über Herkunft und Empfänger der Daten sowie über den Zweck der Datenspeicherung, § 34 Abs. 1 BDSG. Beim Scoring ist dem Verbraucher Auskunft zu erteilen über die innerhalb der letzten sechs Monate erhobenen oder erstmalig gespeicherten Wahrscheinlichkeitswerte und die zur Berechnung genutzten Datenarten. Dem Betroffenen muss das Zustandekommen und die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitswerte einzelfallbezogen und nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form erläutert werden, § 34 Abs. 2 BDSG. Gegenüber der Stelle, die die Scoring-Daten zwecks Übermittlung an andere Stellen geschäftsmäßig erhoben, gespeichert oder verändert hat, ist der Auskunftsanspruch noch umfassender und bezieht sich gemäß § 34 Abs. 4 BDSG auf die Werte der letzten 12 Monate.

Der neu eingeführte § 6 Abs. 3 BDSG bestimmt, dass dem Verbraucher keine Nachteile entstehen dürfen, wenn er Auskunft über die über ihn gespeicherten Daten verlangt. – Bestünde die Gefahr, dass sich eine Anfrage negativ auswirkt, würden die Betroffenen von ihrem Auskunftsrecht keinen Gebrauch machen. Mit dieser Regelung wird der lange Zeit gehandhabten Praxis z.B. bei der Schufa entgegengewirkt, die Wahrnehmung eines Auskunftsrechts als Negativmerkmal bei der Scoreberechnung zu berücksichtigen.

2.2 Anspruch auf kostenlose Eigenauskunft

Jeder Verbraucher hat gemäß § 34 Abs. 8 BDSG einen Anspruch darauf, einmal jährlich unentgeltlich eine Eigenauskunft in Textform zu erhalten. Momentan ist noch sehr umstritten, welchen Wert eine solche Eigenauskunft hat. In den Medien wurde teilweise behauptet, die in den Eigenauskünften enthaltenen Informationen seien sehr dürftig und deshalb zur Vorlage bei potentiellen Vertragspartnern nicht geeignet. Das würde dazu führen, dass die Verbraucher eine kostenpflichtige umfassendere Eigenauskunft beantragen müssten, die zukünftig bis zu 18,50 EUR kosten soll. Momentan kostet eine Eigenauskunft nur 7,80 EUR. Verbraucherschützer bemängeln, dass der vom Gesetzgeber eingeräumte Anspruch auf die kostenlose Eigenauskunft in der Praxis dazu führt, dass Verbraucher für die ausführliche Eigenauskunft zukünftig mehr als das Doppelte bezahlen müssen. Es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung hier weitergeht. Wenn die kostenlose Eigenauskunft tatsächlich keinen großen Aussagewert hat, werden voraussichtlich wenige Verbraucher von ihrem Auskunftsanspruch Gebrauch machen.

3 Fazit

• Der Verbraucher hat zukünftig einen Anspruch darauf, genaue Informationen darüber zu erhalten, welche Daten über ihn gespeichert wurden und welchen Erklärungsinhalt die einzelnen Daten haben. Bedeutsam ist das für Verbraucher insbesondere hinsichtlich der Scorewerte.

• Anspruch 1x jährlich auf kostenlose Eigenauskunft.

• In Bankverträgen wird es zukünftig keine Schufaklausel mehr geben.

• Konten, die ausschließlich auf Guthabenbasis geführt werden, dürfen nicht an Auskunfteien gemeldet werden.

• Ebenso wenig reine Kreditanfragen, d.h. Anfrage nach Konditionen zwecks Überblick über den Kreditmarkt.

• Scorewerte dürfen nicht mehr allein anhand der Adresse des Verbrauchers bestimmt werden.

ID: 46574
Author(s): BR
Publication date: 15/03/10
   
  • iff infobrief 08/2010
    Bundesdatenschutzgesetz, Gesetzesänderung, Datenschutz, Auskunftei, Scoring
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Created: 04/01/11. Last changed: 25/05/11.
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