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Europäischer Gerichtshof akzeptiert "Widerrufsrecht ohne Folgen" für Haustürfonds - Geschlossene Fonds endlich regeln, Widerrufsrecht ist kein Verbraucherschutz

EuGH macht Widerrufsrecht zwecklos

1. Der EuGH (EuGH Friz ./. von der Heyden C 215/08 v. 15. April 2010) hält es für mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, dass die Kapitalanlage in einen geschlossenen Fonds "an der Haustür" bei fehlender Widerrufsbelehrung unbegrenzt gem. § 312 BGB widerruflich ist. Gleichzeitig hat er aber dem anfragenden 11. Senat des Bundesgerichtshofs gegen die Verbraucher Recht gegeben, wonach dem widerrufenden Verbraucher dies nichts nützen braucht, weil er nicht sein Geld zurückbekommt sondern nur den aktuellen Wert seines Anteils erstattet bekommt.

Damit sind die Betrügereien der Steuersparmodelle auch vom EuGH akzeptiert worden, die ja gerade daraus hinauslaufen, dass der Fondsverkäufer über Provisionen und Unterverträge sich das Geld heraussaugt, das der Anleger in den als Personengesellschaft organisierten Fonds eingezahlt hat, so dass die Fonds insolvent sind und auch noch das Finanzamt rückwirkend die Erwerbsaussicht des Fonds verneint und die gesparte Steuer zurück verlangt.

In der Sprache des EuGH klingt dies dann wie folgt:

1. Die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist auf einen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens geschlossenen Vertrag anwendbar, der den Beitritt eines Verbrauchers zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft betrifft, wenn der Zweck eines solchen Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen.

2. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 85/577 steht unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einer nationalen Regel nicht entgegen, die besagt, dass im Falle des Widerrufs eines in einer Haustürsituation erklärten Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft der Verbraucher gegen diese Gesellschaft einen Anspruch auf sein Auseinandersetzungsguthaben geltend machen kann, der nach dem Wert seines Anteils im Zeitpunkt des Ausscheidens aus diesem Fonds berechnet wird, und dass er dementsprechend möglicherweise weniger als den Wert seiner Einlage zurückerhält oder sich an den Verlusten des Fonds beteiligen muss.

Konsequenzen für den Verbraucherschutz?

Widerrufsrechte taugen nichts

EuGH und Bundesgerichtshof gemeinsam erkennen jetzt auch rechtlich das an, was faktisch das Widerrufsrecht von Anfang an war: Augenwischerei, um davon abzulenken, dass die Verbote und gesetzlichen Nichtigkeitsgründe für Haustürgeschäfte, unterschriftslose Internetverträge, Überrumpelungsverträge bzw. die Begrenzung von Wucher und Übervorteilung im Kredit sukzessive abgeschafft und durch ein angeblich so zentrales Widerrufsrecht (und eine Informationsflut) ersetzt werden können. In der Praxis ist dies längst als Schwindel entlarvt worden, weil

  • die Verbraucher erst viel später nach Fristablauf merken können, was ihnen mit den erschwindelten Verträgen angetan wurde,
  • bei den wenigen Widerrufern (die Widerrufsquote liegt weit unter 1%) mit allen Tricks etwa der verspäteten Kreditauszahlung, einer fingierten "Bestellung" an der Haustür oder vor allem einer Hinhaltetaktik oder der Drohung mit hohen sofortigen Zahlungsverpflichtungen der Appetit auch bei den wenigen verging, die davon Gebrauch machen wollten.
  • dort wo bei Internetgeschäften wie den erschwindelten Nutzungsverträgen mit relativ geringen Zahlungen der Widerruf erklärt wurde, dieser einfach ignoriert wird und ein Prozess keine sinnvolle Möglichkeit bietet
  • und schließlich auch im Kredit (Koppelung an die effektive sofortige Rückzahlung) oder im Anlagegeschäft (Verlust lässt sich so nicht kompensieren) die Bestrafung der Widerrufenden so drastisch ist, als ob sie die Übeltäter wären.

Schluss mit der Widerrufsideologie

Trotzdem schreitet die Kommission fort und verkündet immer neue Widerrufsrechte. Der Entwurf für ein Europäisches Vertragsgesetzbuch widmet ganze Seiten dieser Totgeburt, die heute überall für den Beweis von "Verbraucherschutz" steht, letztlich aber, wie auch konservative Juristen wie Eidenmüller und Stürner beklagen, lediglich die Ideologie der Eigenverantwortlichkeit der Verbraucher für die Missstände auf den Kapitalmärkten verantwortlich machen will.

Die Verbraucherverbände sollten aufhören, stereotyp fiktive Handlungsalternativen der Verbraucher und noch mehr Detailinformation einzufordern. Nicht der Verbraucher (wie in dieser Ideologie des Widerrufs, der Verbraucherinformation und der finanziellen Allgemeinbildung suggeriert) sondern der Anbieter, d.h. das Angebot selber, müssen verbessert werden. Das aber schafft der Markt nur noch eingeschränkt. Hier ist der Gesetzgeber gefordert.

Tatsächlich wird und wurde das Widerrufsrecht auch nur bisher gegen seine Funktion benutzt. Man widerrief nicht, weil man neu entscheiden wollte sondern um Jahre nach Vertragsschluss die wucherischen Restforderungen mindern zu können, indem man falsche, fehlende, unzureichende etc. Widerrufsbelehrungen behauptete und die Gerichte, von allen materiellen Möglichkeiten des Schuldnerschutzes und der Betrugsverantwortlichkeiten befreit, sich diese Rettungsanker zuwerfen ließen. Geschlossene Fonds sind sehr häufig mit Kick-back Provisionen und Interessenverquickungen undurchschaubar gemachte Betrugskonstruktionen. Ein Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen ist dann ein Witz, wo selbst Gerichte wie jüngst das OLG Stuttgart bei einem Zins-Swap Monate brauchen, um den Betrug des Produktes zu durchschauen.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat mit ihrem Erfolg gegen die Internetbetrüger gezeigt, dass das Widerrufsrecht am besten gar nicht bekannt gemacht wird, weil es ohnehin nichts nützt. Sie hat den Banken, die ihre Konten für die betrügerische Geldeintreibung zur Verfügung stellten, mit Publizität gedroht. Die haben dann die Konten gekündigt und das Landgericht München hat ihnen, wie wir berichteten, Recht gegeben.

Verbraucherschutz sollte keine hehre Denkungsart mehr sein sondern wieder zum Schutz der realen Verbraucher zurückkehren.

Konsequenzen für das Anlagerecht

Grundübel für das jetzige europäisch-deutsche Desaster im Widerrufsrecht für Anleger ist eine allzu willfährige deutsche Rechtsprechung.

Schluss mit dem Missbrauch von Personengesellschaften für geschlossene Fonds - Fonds müssen Kapitalanlagegesellschaften sein

Erinnern wir uns daran, dass wir im Rechtsunterricht lernen, dass der Unterschied zwischen einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft darin besteht, dass bei ersterer (BGB-Gesellschaft, OHG und teilweise KG) die Person des Unternehmers im Vordergrund steht, der daher auch persönlich haftet. Diese Gesellschaften sollten sich nicht für Kapitalanlagen eignen. Dafür gab es dann aber die Kapitalgesellschaften, die viel mehr Anlegerschutz etwa im GmbH und Aktienrecht kennen.

Die Finanzbranche hat den Spieß umgedreht. Die abstrakteste Form der Kapitalanlage durfte in der Form einer Personengesellschaft gemacht werden, die keinerlei Anlegerschutz im Gesetz kennt.

Der EuGH hat diese unechten Personengesellschaften jetzt aufgedeckt. Man müsse eine Personengesellschaft zu reinen Kapitalanlagezwecken von einer echten Personengesellschaft unterscheiden. Nur bei ersterer, also nur bei echten Kapitalanlagen, könne man widerrufen.

Der deutsche Gesetzgeber müsste daher jetzt umgehend die missbrauchsträchtige Form einer unechten Personengesellschaft zur Kapitalanlage regeln und ins Kapitalanlagerecht integrieren. Der Gesellschaftsrechtssenat des Bundesgerichtshofs hatte dies bereits vor Jahren so gesehen, während der Banksenat unter dem damaligen Präsidenten Nobbe dagegen hielt und als Belohnung dafür die alleinige Zuständigkeit für diesen Anlagebetrug bekam. Die Anrufung des Großen Senates sparte man sich dann.

Beratungsverschulden bei Anlagebetrug

Der richtige Weg der geprellten Anleger im Anlagebetrug ist der Schadensersatz wegen falscher Beratung bzw. bewusst schädigender Angebotsgestaltung.

Verbraucher werden bei geschlossenen Fonds letztlich nicht anders als im übrigen Wertpapiermarkt betrogen. Der Betrug muss aufgedeckt werden. Dazu gilt es, die Kick-Back-Provisionen als das zu bezeichnen, was sie sind: versteckte Zinsen, Gebühren und Entgelte. Sie haben einen Schaden. Dass der auch ohne den Betrug entstanden wäre, sollte der Betrüger beweisen müssen. Wo das Ganze auf Kredit verkauft wurde müssen dem Kredit alle Kosten der Konstruktion zugerechnet und dann der Wucher geprüft werden. Im übrigen ist die Finanzierung weit gefährlicher als die Haustür. Man sollte sie wie früher den Kredit an der Haustür von besonderen Voraussetzungen abhängig machen.


ID: 45491
Publication date: 19/04/10
   
 

Created: 19/04/10. Last changed: 19/04/10.
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