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Kreditablehnung, Auskunftsanspruch, Kredit-Scoring
iff-Infobrief
A Problemaufriss

Die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur sieht nach derzeit geltendem deutschem Recht keine Möglichkeit für einen Kreditantragsteller bei Antragsablehnung Auskunft über die Gründe für die Ablehnung zu verlangen. Kreditinstitute sind auch von sich aus nicht verpflichtet, die Ablehnungsgründe für eine negative Kreditvergabeentscheidung zu nennen. Damit ist es dem Kreditanwärter nicht möglich eine Fehlerkorrektur zu veranlassen, wenn etwa das Kreditinstitut seine Entscheidung auf der Basis einer fehlerhaften Datengrundlage getroffen hat.

Soweit aber ein Vertragsabschluss abgelehnt wird, kann dies im Einzelfall für den Betroffenen erhebliche negative wirtschaftliche Auswirkungen haben. Überdies werden abgelehnte Kreditanträge zumindest für eine begrenzte Zeit bei der Schufa gespeichert, so dass einem Kreditantrag bei einem anderen Institut weitere Steine in den Weg gelegt sind.

In diesem Zusammenhang spielen vor allem die bislang fehlenden Transparenzanforderungen an das im Rahmen eines Kreditvergabeprozesses von den Banken durchgeführte Kredit-Scoring eine erhebliche Rolle. Neben der Prüfung von Ausschlusskriterien, wie etwa die Minderjährigkeit des Antragstellers und einer Überprüfung seiner Vermögensverhältnisse unter Berücksichtigung der Schufa-Auskunft, wird bei der Kreditvergabe das so genannte Kredit-Scoring durchgeführt. Hierbei handelt es sich um einen Wert, der auf Grund mathematisch-statistischer Analyse der Gruppendaten des Betroffenen gebildet wird und dazu dienen soll, künftiges Verhalten und damit die Ausfallwahrscheinlichkeit des potentiellen Kreditnehmers vorherzusagen. In einer bankinternen Datenbank werden hierzu verschiedene Merkmale und Erfahrungswerte gesammelt, wie die Anzahl der Bankverbindungen und Kredite. Aber auch ein in der Vergangenheit eingetretener Zahlungsverzug wird in die Kundenbewertung miteinbezogen. Diese Daten werden mit statistischen Krediterfahrungen abgeglichen und sodann in einem automatisierten Verfahren eine Prognose über die Kreditausfallwahrscheinlichkeit erstellt, die in einem Zahlenwert (dem so genannten Scorewert) ausgedrückt wird.

Bereits im Vorjahr war die Offenlegung der im Rahmen eines Scorings verwendeten Daten insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten (2006/24/EG, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/ site/de/oj/2006/l_105/l_10520060413de00540063.pdf) und der damit notwendig gewordenen Novellierung des Datenschutzrechts vielfach diskutiert worden.

Unter Hinweis auf das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis wurde eine freiwillige Offenlegung von den Banken bislang abgelehnt (vgl. die Stellungnahme zur Modernisierung des Datenschutzrechts von Prof. Dr. Abel http://www.bundestag.de/ausschuesse/a04/anhoerungen/ Anhoerung05/Stellungnahmen/Stellungnahme01.pdf). Außerdem behindere eine Offenlegungspflicht, so der zentrale Kreditausschuss in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Änderung des BDSG (http://fesportal.fes.de/pls/portal30/docs/FOLDER/STABSABTEILUNG/ Loewe_Tagungsbericht_180706_Final.pdf), die Wirksamkeit des Scorings.

Auf einer Fachkonferenz zum Datenschutz der Friedrich Ebert Stiftung im vergangenen Jahr berichtete Dr. Johann Bizer vom Unabhängigen Landesdatenschutzzentrum Schleswig-Holstein (ULD) über eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (http://www.datenschutzzentrum.de/ scoring/), die ergeben hatte, dass der Umgang mit dem Kredit-Scoring in der Praxis in den meisten Fällen wegen Verstoßes gegen geltendes Datenschutzrechts rechtsmissbräuchlich ist. Dennoch fehlt es nach wie vor im Einzelfall an einer Möglichkeit eine Überprüfung zu veranlassen.

Selbst wenn der Kreditanwärter einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vermutet, hat er nach geltendem Recht keine Überprüfungsmöglichkeit. Sofern persönliche Daten über individuelle Eigenschaften, wie etwa Adresse, Familienstand, Beruf oder Nationalität bei der Kundenbewertung im Rahmen eines automatisierten Scoring-Verfahrens einbezogen werden, besteht eine nicht auszuschließende Wahrscheinlichkeit, dass dadurch statistische Vorurteile geschaffen werden, die zu einer Diskriminierung bestimmter Gruppen führen.

Ob diese Praxis und Rechtsauffassung in Deutschland unbegrenzt weiter gelten wird, hängt im Wesentlichen auch davon ab, inwieweit die Verbraucherverbände hier vorstellig werden und im Interesse der Kreditnehmer mehr Markttransparenz einfordern.

Es gibt eine Reihe von Anhaltspunkten, dass diese Rechtslage sich allmählich ändern wird. Anti-Diskriminierungsvorschriften haben innerhalb der EU eine wachsende Bedeutung Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz von 2006 wird die Idee der Anti-Diskrimnierung auch im Verbrauchergeschäft weitergebracht, auch wenn, wie zu zeigen ist, dieses Gesetz sich noch nicht ausdrücklich auf diesen Bereich bezieht. Vorreiter aber war hier die USA, die umfassende Equal Opportunity Gesetze hat. Sie zeigt, dass der Kreditbereich, für den dort im Equal Credit Opportunity Act einen Auskunftsanspruch festgelegt ist (vgl. das Informationsblatt der US-Amerikanischen Aufsicht FTC: „You have a right to know why your application was rejected. The creditor must give you a notice that tells you either the specific reasons for your rejection or your right to learn the reasons if you ask within 60 days. http://www.ftc.gov/bcp/conline/ pubs/credit/ecoa.shtm)), in besonderer Weise im Fokus des Gesetzgebers und der Aufsicht steht und dabei Auskunftsrechte bei Kreditablehnung ausdrücklich anordnet.

Der Verweis, in den USA sei dieser Schutz nur deswegen notwendig, weil es einen wie in Deutschland auf gesetzlicher Grundlage beruhenden umfassenden Schutz der informationellen Selbstbestimmung nicht gäbe, weshalb amerikanische Kreditauskunfteien Daten in nach deutschem Recht unzulässigen Ausmaß speichern könnten, verfängt kaum, weil es nicht um die Datenspeicherung sondern um ihre Verwendung geht.

B Stellungnahme

Anders als die Aufklärungspflicht, deren Erfüllung der Schaffung einer Entscheidungsgrundlage dient, beinhaltet die Auskunft bei einer negativen Kreditentscheidung eine bloße Mitteilung über die Ablehnungsgründe bei einem Kreditantrag. Das Bedürfnis hiernach gründet sich jedoch gleichermaßen auf die bestehenden Informationsasymmetrien zwischen der Bank und ihren Kunden. Die Banken haben durch ihre Monopolstellung bei der Vermittlung von Einkommen und Ausgaben der privaten Haushalte und kraft ihres Informationsmonopols eine Stellung erlangt, die besondere Beachtung der Interessen des Vertragspartners erfordert.

Während eine Aufklärungspflichtverletzung nach ständiger Rechtsprechung vorliegt, wenn das Vorenthalten der Information oder die Fehlinformation den Darlehensnehmer zu einem anderen Verhalten veranlasst hat, als dies bei sachgerechter Information der Fall gewesen wäre, finden sich für Auskunftspflichten bei einer Kreditablehnung bislang keine Urteile.

B.I Auskunftsanspruch aus Auskunftsvertrag

Die bisher hM sowie die Rechtsprechung lehnen eine generelle Aufklärungspflicht und damit auch ein Auskunftsrecht kategorisch ab, lassen diese Pflicht jedoch entsprechend der Vielzahl anders lautender Urteile im Einzelfall entstehen, wenn die Bank einen Wissensvorsprung hat (BGH WM 2007, 1651-1655), sich in schwerwiegenden Interessenkonflikten befindet, die Bank ihre Rolle als Kreditgeberin überschreitet oder der Kunde damit gegenüber Dritten eine Verpflichtung erfüllen will, über die die Bank Bescheid weiß (Nachweise bei Bülow/Artz § 498 Rdn 44; Siol aaO Rdn 12 ff).

In dieser Rechtsprechung liegt jedoch ein grundsätzliches Missverständnis bei der Abgrenzung zwischen dem Anspruch auf wahre und vollständige Beratung und Aufklärung einerseits, der nach ganz hM besteht. Danach gilt, dass „bei unrichtiger oder unvollständiger Information durch die Bank wegen Verletzung eines Auskunfts- und Beratungsvertrages“ gehaftet wird. (Siol, Bankrechtshandbuch, 2007, § 44 Rdn 9; Bruchner, Bankrechtshandbuch, 2007, §,40 Rdn 47; Köndgen NJW 1994, 1508, 1510; BGH ZIP 1999, 275; NJW 1989, 1029)

Der BGH (WM 2007, 873) verlangt dies insbesondere bei Kapitalanlagen, die häufig für den Kunden weit weniger einschneidend sind als Verschuldungsentscheidungen in der Weise,

„dass im Rahmen der Anlagevermittlung zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande kommt, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114; vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998; vom 11. September 2003 - III ZR 381/02 - NJW-RR 2003, 1690; vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05 - VersR 2007, 63, 64 Rn. 9). Danach war der Beklagte dem Kläger und dessen Ehefrau zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für deren Anlageentschluss von besonderer Bedeutung waren.“

Wendet man diese Grundsätze auf einen Kreditantrag an, so bedeutet die Anfrage bei der Bank, dass der Kunde, der weiß, dass diese Bank öffentlich an alle, die hierfür die Konditionen aufweisen, Kredite vergeben will, mit seinem Antrag zugleich Auskunft darüber verlangt, ob er hierfür die notwendige Kreditwürdigkeit aufweist. Diese Auskunft ist für ihn wichtig, da über die SCHUFA und andere Datenverbünde bei jedem anderen Anbieter eine ähnliche Ablehnung bevorsteht. Er muss also auf solche Informationen reagieren und seine Werte insgesamt verbessern, wozu es bereits professionelle Anbieter gibt, die versprechen, dem Kunden eine besser „Kreditgeschichte“ („credit historiy“) zu verschaffen.

Eine Kreditablehnung ist rechtlich gesehen eine Auskunft, die auf Grund des Antrags des Kreditnehmers zustande kommt. Diese Auskunft muss richtig und vollständig sein. Insoweit besteht dann ein Auskunftsanspruch. Voraussetzung ist aber für die Annahme einer vertraglich vereinbarten Auskunftspflicht das
Zustandekommen eines Beratungsvertrages.

Eine Bank, die sich auf einen Antrag einlässt und nicht gleich von vornherein sagt, dass sie derartige Kredite nicht verkaufe, geht damit auf das konkludent erklärte des potentiellen Kunden Auskunftsbegehren ein. Lehnt sie den Kunden dann ohne Begründung ab, so kann darin eine unvollständige Erfüllung des Auskunftsbegehrens gesehen werden. Die Auskunft kann auch unrichtig sein, wenn der Eindruck erweckt wird, etwa der Kreditantrag sei das Problem und nicht der Kreditnehmer. Behauptet die Bank, der Kunde habe keine ausreichende Kreditwürdigkeit, was zur Ablehnung führe, so ist die Auskunft unvollständig.

Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Ablehnung konkludent eine Erklärung über die Kreditwürdigkeit beinhaltet. Schließlich nimmt die Bank den Antrag ja entgegen und soweit sie dies nicht ausdrücklich einschränkt auch das Begehren, dem Kunden Auskunft zu erteilen.

Soweit Anhaltspunkte für ein Auskunftsverlangen bei Antragstellung vorliegen, wie etwa eine Kreditberatung, ein offensichtliches Interesse an einer Kreditswürdigkeitsprüfung oder das Inaussichtstellen weiterer Sicherheiten für den Fall einer Kreditablehnung, ist regelmäßig von einem vertraglich vereinbarten Auskunftsanspruch auszugehen. Entsprechend sollte die Verbraucherberatung argumentieren und die Tatsachen zusammenstellen.

B.II Anspruch aus §§ 241 i.V.m. 311 Abs. 2 BGB

Auf Auskunftsansprüche bei Kreditablehnung eines Verbrauchers geht die Literatur bisher nicht ein, ist sich aber uneinig, ob überhaupt grundsätzlich Aufklärungspflichten des Kreditgebers bei Vertragsabschluss bestehen. (grundsätzlich nicht aber Ausnahmen Siol (Richter im Bankensenat) in Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. 2007 §44 Rdn. 8 ff; grundsätzlich ja aber eingeschränkt auf bestimmte Situationen: Bülow/Artz Verbraucherkreditrecht 6. Aufl. 2006 §498 Rdn 43 ff; vgl. auch Welter/Lang Handbuch der Informationspflichten im Bankenverkehr).

Grundsätzlich gilt gemäß § 311 Abs. 2 BGB, dass auch bei vorvertraglichen Beziehungen gegenseitige Rücksichtnahmepflichten i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB bestehen. Voraussetzung für die Annahme einer Rücksichtnahmepflicht ist, dass eine zumindest auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung vorliegt, die ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis begründet. Die Dauerbeziehungen zwischen Bank und Kunden enthält in der Regel das Element des gegenseitigen Vertrauens. Im Begriff ,,Kredit" (lat. credere = vertrauen) wird diese Vertrauensbeziehung des Gläubigers in den Schuldner von alters her auch sprachlich zum Ausdruck gebracht. Aber auch bei einem erstmaligen Kreditantrag, überlässt der Antragsteller der Bank seine Daten und vertraut sowohl auf einen sachgerechten Umgang hiermit als auch auf eine objektive Entscheidung. Mit der Annahme des Kreditantrages und dem Versprechen zur Prüfung der Kreditgewährung, bestätigt die Bank dieses Vertrauen. Nimmt aber ein möglicher künftiger Vertragspartner besonderes Vertrauen für sich in Anspruch, so entsteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis i.S.d. § 311 Abs. 2 BGB, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet.

Die Pflicht zur Rücksichtnahme beinhaltet die Pflicht die Rechte und Rechtsgüter des anderen Teils nicht zu verletzten. Hierzu zählen auch die Vermögensinteressen. Wird ein Kreditantrag abgelehnt, so sind die Vermögensinteressen des Kunden in erheblichem Maße betroffen. Möglicherweise gerät er durch die unterlassene Kreditgewährung in Zahlungsschwierigkeiten, wodurch er sich gegenüber Dritten schadensersatzpflichtig machen kann oder eine Vertragsstrafe zahlen muss. Grundsätzlich bestehen folglich auch bei der Kreditanbahnung vorvertragliche Pflichten. Umfang und Inhalt der Rücksichtnahmepflichten richten sich jeweils nach dem Vertragszweck. Eine falsche Auskunft bzw. eine Auskunft, die auf einer fehlerhaften Antragsprüfung beruht, stellt damit stets eine Rücksichtnahmepflichtverletzung dar.

Aber auch dann, wenn der Kunde nicht nachweisen kann, dass die Antragsablehnung auf einer fehlerhaften Datenauswertung beruht, ist die Annahme einer Auskunftspflicht gerechtfertigt. Grundsätzlich trifft das Kreditinstitut keine Gleichbehandlungspflicht. Der Grundsatz der Privatautonomie schließt diese sogar aus. Stellt sich aber heraus, dass das Kredit-Scoring aufgrund der von der Bank vorgenommenen Dateneinspeisung zu einem diskriminierenden Ergebnis gelangt ist, so ist der Kreditanwärter unter Berücksichtigung des Diskriminierungsverbots aus Art. 3 GG ebenfalls in seinen Rechten verletzt. Dies gilt etwa dann, wenn bestimmte individuelle Eigenschaften wie Nationalität, Wohn- und Familienverhältnisse etc. (so genannte soziodemografische Eigenschaften) nach Durchführung des automatisierten Verfahrens die Kreditwürdigkeit zweifelhaft erscheinen lassen, was eine negative Entscheidung der Bank bewirkt. Selbst wenn eine Diskriminierung nicht vorliegt, ist denkbar, dass durch ein Hinzutreten weiterer Umstände, wie etwa eine erwartete Erbschaft, die Kreditwürdigkeit des zunächst als kreditunwürdig angesehenen Kunden wieder hergestellt werden könnte. In allen Fällen besteht damit ein erhebliches Interesse des Kreditanwärters die Ablehnungsgründe zu erfahren, um eine Richtigstellung zu veranlassen.

Soweit die Bank allerdings Auskunft und Aufklärung hinsichtlich bestimmter Vertragsumstände vollständig unterlässt, ist ohne das Hinzutreten weiterer das Auskunftsverhältnis begründender Umstände grundsätzlich nicht von einer Pflichtverletzung auszugehen. Denn eine Haftung für Unterlassen setzt das Bestehen einer Garantenpflicht voraus. Überdies sind Rücksichtnahmepflichten nicht einklagbare Pflichten. Anders als bei den Hauptleistungspflichten i.S.d. § 241 Abs. 1 BGB handelt es sich bei den Rücksichtnahmepflichten um so genannte Verhaltenspflichten, die keinen Leistungsanspruch begründen können.

Bei der Einbeziehung von Merkmalen, die in der Person des Kreditanwärters nicht vorliegen, für den Fall der Zuordnung einer unrichtigen Ausfallwahrscheinlichkeit oder bei Verstoß gegen das BDSG, liegt zwar eine rechtswidriges Scoring vor und damit auch eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 311, 241 Abs. 2 BGB, wobei das Verschulden gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB vermutet wird. Eine unzulässige oder unrichtige Datenverarbeitung muss jedoch zunächst vom Anwärter bewiesen werden, sofern er Schadensersatzansprüche geltend machen möchte. Ohne eine entsprechende Auskunft aber ist ihm dies nicht möglich. Es bleibt daher nur der Weg über eine Beweislastumkehr, wobei dann das Prozessrisiko vom Kreditanwärter zu tragen wäre.

§ 311 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB ist damit nicht geeignet einen Auskunftsanspruch des Kreditanwärters bei negativer Kreditentscheidung zu begründen.

B.III Begrenzter Auskunftsanspruch gemäß BDSG

Das BDSG sieht in § 34 Abs. 1, 2 BDSG einen Auskunftsanspruch ebenso wie § 19 BDSG gegenüber öffentlichen Stellen auch gegenüber nicht öffentlichen Stellen vor. Zu beauskunften sind jedoch nur die zur Person des Betroffenen gespeicherten Daten, nicht aber die verhaltensbezogenen Daten und die Kriterien der Datenbewertung. Da oftmals der Bankkunde seine personenbezogenen Daten „freiwillig“ zur Verfügung stellt, geht sein Informationsbedarf jedoch weit darüber hinaus.

Das Auskunftsrecht wird in § 6a Abs. 3 BDSG auf den logischen Aufbau der automatisierten Verarbeitung der Daten des Betroffenen erstreckt. Im Falle einer solchen Auskunft muss aber nicht das Know How hinsichtlich des Aufbaues des Scorewertes und der Interpretation der einzelnen Daten und ihrer Zusammenhänge aufgedeckt werden. Erforderlich ist damit eine spezialgesetzliche Regelung für den Bereich der Finanzdienstleistungen.

B.IV Auskunftsanspruch nach dem Gleichbehandlungsgesetz

Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14.8.2006 wurde die Benachteiligung auch im Privatrechtsverkehr eingeschränkt. Dieses Gesetz wurde auf Grund von vier Anti-Diskriminierungsrichtlinien der EU (Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG, 2002/73/EG und 2004/113/EG), die die Diskriminierung nach „ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ (§ 1 AGG) nicht nur im Staat (so schon Art. 2 Abs. 2 GG) sondern auch im Privatrechtsverkehr verhindern wollen, erlassen. Sie verbietet die Diskriminierung in bestimmten Bereichen der Wirtschaft. Zu den dabei geschützten Dienstleistungen gehören gemäß § 2 Ziff. 8 AGG nach einhelliger Meinung und zwar auch nach der eingeschränkten Auslegungsvariante eines Teils der Literatur die Kreditangebote der Kreditinstitute (im Einzelnen Palandt-Heinrichs, § 2 AGG Rdn 9; Maier-Reimer NJW 2006, 2577, 2580). Auch eine Kreditablehnung erfüllt den Tatbestand einer „unmittelbaren Benachteiligung“ i.S.d. § 3 AGG, weil der Antragsteller „eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt“.

Ob der Schutz für diese Merkmale (mit Ausnahme der Weltanschauung) im Privatrechtsverkehr, also für Verbrauchergeschäfte effektiv wird, richtet sich jedoch nach § 19 AGG. Für Kleinkredite wird dies allgemein anerkannt, da es sich gemäß § 19 Abs. 1 Ziff. 1 AGG nach hM um Angebote im Massenverkehr handelte (hM Palandt-Heinrichs, § 19 AGG Rdn 2) Für Kreditverträge, die auf Grund individueller Prüfung vergeben werden, was für die meisten Kreditverträge zumindest behauptet wird, soll das Diskriminierungsverbot dagegen nicht gelten, weil es kein „Massengeschäft sei“ und das Merkmal, dass das „Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung habe“ (§ 19 Abs. 1 Ziff. 1 2. Alt. AGG) nicht vorliege (Palandt-Heinrichs, aaO, Schrader/Schubert, Das neue AGG, 2006, Rdn 638).

Diese Auffassung dürften geringe Kenntnisse über die Praxis der Kreditvergabe zu Grunde liegen. So haben z.B. die Genossenschaftsbanken im Easy Credit System die Kreditentscheidung der Teambank überlassen, die auf Grund eines automatisierten Scorings diese Entscheidungen trifft. Ähnliches ist auch von einer Großbank bekannt. Der Trend, dass der Computer und nicht der Sachbearbeiter über die Kreditvergabe entscheidet, nimmt deutlich zu und wird durch die Rationalisierung und Filiallosigkeit begünstigt. Kredite über Tchibo (RBS-Bank) können gar nicht anders vergeben werden. Es besteht daher eine Vermutung dafür, dass heute Konsumkredite im Massengeschäft vergeben werden. Der Sinn dieser Vorschrift geht zudem dahin, systematische Benachteiligungen zu erfassen. Überall aber, wo Scoring überhaupt benutzt wird und dies ist, nachdem die SCHUFA es allen zur Verfügung stellt, praktisch universell, sind solche systematischen Benachteiligungen möglich. Es ist daher zu erwarten, dass die Rechtsprechung in diesem jungen Gesetz Klarheit schafft und das Gesetz auf Konsumkredite anwendet, bei denen Scoring eine Rolle spielt.

Gleichwohl hilft dies noch nicht viel weiter. Die aufgezählten Merkmale sind im Scoring zumindest nicht bestimmend verarbeitet. (Allerdings weiß man dies auch nicht genau) Wo das Alter eine Rolle spielt, dort dürfte es gemäß § 20 AGG aus dem Rechtsgedanken des § 10 AGG (gilt nur für Arbeitsverhältnisse) „sachlich gerechtfertigt“ sein. Auch einen direkten Auskunftsanspruch enthält das AGG nicht.

Daher wird in der wenigen Literatur zu diesem Themenkomplex (Rechtsprechung gibt es noch gar nicht) diese Frage nicht einmal erörtert.

C Fazit

Weder das BGB noch das BDSG oder das AGG bieten aktuell eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Annahme eines Auskunftsanspruchs bezüglich der Ablehnungsgründe bei negativer Kreditentscheidung. Denkbar erscheint allenfalls der Weg über einen konkludent geschlossenen Beratungsvertrag.

Aufgrund des offensichtlichen Bedürfnisses von Verbrauchern, nähere Auskünfte über die Ablehnungsgründe zu erfahren, um sich gegen eine mögliche unzulässige Diskriminierung oder der Benutzung falscher bzw. veralteter Daten, die die Basis für die Kreditentscheidung darstellen, zu wehren, und dem Fehlen eines gesetzlich normierten Auskunftsanspruchs laufen die bisherigen Regelungen im Datenschutzrecht in der Praxis ins Leere.

D Weiteres Vorgehen

D.I Fortentwicklung des Anti-Diskriminierungsrechtes

Das AGG ist gerade erst verabschiedet und sollte nicht vorschnell aufgegeben werden. Es empfiehlt sich, hier mit Musterklagen die Ansätze auf den Kreditbereich fortzuentwickeln, die in den USA bereits dominieren. Eine nähere Analyse zeigt hier Wege auf.

So schadet es zunächst nicht, dass die im AGG benannten Merkmale nicht unmittelbar im Scoring verarbeitet werden. Nach § 3 Abs. 2 AGG genügt auch eine mittelbare Benachteiligung, wo „dem Anschein nach neutrale Kriterien oder Verfahren“ zu dem unerwünschten Diskriminierungsergebnis führen und dies nicht „sachlich gerechtfertigt und die Mittel nicht angemessen und erforderlich“ sind.

In den USA und Kanada wird die Frage seit Jahrzehnten diskutiert, ob der Effekt der Diskriminierung ausreicht oder ob sie intendiert sein muss. (Wer alle Menschen mit krausem Haar diskriminiert, diskriminiert dann eine ethnische Minderheit, wenn diese dies Merkmal hat, auch wenn er es nicht intendiert oder nicht einmal weiß.) Letztlich hat sich die erste Meinung durchgesetzt. Auf diese Weise konnte in den USA mit dem Home Mortgage Disclosure Act erreicht werden, dass die Banken verpflichtet sind, auch in den Fällen, wo die ethnische Herkunft bei der Vergabe keine Rolle spielte, im nachhinein nach ethnischer Herkunft und Ort aufgeschlüsselte Kreditvergabezahlen vorlegen müssen.

Ebenso könnte man in Deutschland z.B. bei der Berücksichtigung der Familienform oder der Anzahl der Mitunterzeichner, was vor allem Alleinerziehende trifft, eine mittelbare Frauendiskriminierung sehen, weil sie den Hauptteil der Alleinerziehenden ausmachen. Pauschale Altersdiskriminierungen etwa „kein Kredit über 60“ gelten schon lange nicht mehr als sachlich gerechtfertigt, wenn Vermögen besteht. Es gibt hier noch viele Beispiele wie z.B. die Verweigerung der Kreditvergabe an Selbständige bei Citi, die z.B. Ausländer, die auf Grund des Arbeitsmarktes hier stärker auftreten, besonders trifft. Auch die Praxis der SCHUFA, Überschuldungsdaten nach Gebieten zu sortieren, könnte nach Geschlecht oder Alter diskriminieren.

Führt man die soziale Diskriminierung ins AGG ein, wo sie bisher eher als sachlich gerechtfertigt eingestuft ist, dann kommt man auch mit einem Auskunftsanspruch weiter. Gem. § 22 AGG, hat bei der Vorhandensein von „Indizien, die eine Benachteiligung vermuten lassen“, die Bank zu beweisen, dass sie nicht diskriminiert hat. Eine solche Beweispflicht auf Anfrage ist aber insoweit ein Auskunftsanspruch, als bei Verweigerung die Vermutung besteht, dass die Bank rechtswidrig vorgegangen ist. Dabei kommt es nicht auf individuelle Indizien an, wenn ein Scoring durchgeführt wurde. Es reicht, wenn der Kreditantragsteller insgesamt nachweisen kann, dass ein Verdacht der systematischen Benachteiligung vorliegt.

Das bedeutet, dass Verbraucherverbände die Möglichkeit haben, auf der Grundlage der Unterlagen aus der Kredit- und Schuldnerberatung, das Kreditvergabeverhalten der Banken statistisch auszuwerten. Das iff macht dies bereits stichprobenartig jedes Jahr für den iff-Überschuldungsreport für mehrere Tausend Kreditdaten.

Gemäß § 23 AGG sind Verbraucherverbände hierzu auch selbständig vor Gericht befugt, da sie als „Antidiskriminierungsverbände“ anzusehen sind. Verbraucherverbände vertreten Verbraucher, die im Konsum eine Benachteiligung erfahren haben, woraus sich auch ihre gesetzliche Schutzwürdigkeit ableitet. Daher haben Verbraucherverbände das Recht, individuelle Kläger im Prozess zu unterstützen und insbesondere auch deren Rechtsangelegenheiten insoweit zu besorgen, soweit sich nicht bereits aus dem Rechtsberatungsgesetz ergeben würde.

Es genügt also, dass eine Verbraucherzentrale generell nachweist, dass eine bestimmte Bank diskriminierende Kreditvergabeeffekte aufweist. In diesem Fall muss die Bank einem Kreditantragsteller der benachteiligten Gruppe auf Verlangen beweisen, dass diese Benachteiligung bei ihm oder ihr nicht vorlag.

D.II Gesetzliche Regelung

Ebenso wie für die Eröffnung eines Girokontos, wo es letztlich auch um Kreditwürdigkeit geht, ist der Gesetzgeber gefordert, einen entsprechenden Auskunftsanspruch zu normieren, damit Verbraucher die Entscheidung der Darlehensgeber nachvollziehen können und eine Chance erhalten, ihre Kreditwürdigkeit gezielt zu verbessern. Dabei ist nicht zwingend, dass die Anbieter Ihr Scoring-System im Detail offen legen müssen, das sie bisher einhellig als Betriebsgeheimnis ansehen. Der Verbraucher benötigt lediglich eine eindeutige Auskunft, auf welcher Datenbasis die ablehnende Entscheidung getroffen wurde und welches die ausschlaggebenden Kriterien waren, z.B. die SCHUFA-Angabe eines gekündigten Darlehens oder der insgesamt zu niedrige Score-Wert bei der SCHUFA, der unterhalb der Grenze liegt, bei der der Anbieter Darlehen vergibt.

In einem Projekt 2003/2004 hatte das IFF daher folgenden Vorschlag für einen Gesetzesentwurf entwickelt:

„Diskriminierungsverbot
Die individuelle oder gruppenmässige Benachteiligung von Personen beim Zugang zu Finanzdienstleistungen auf Grund der in Art.3 GG festgelegten Merkmale ist unzulässig. Macht der Kunde in Textform geltend, dass er durch die Ablehnung bei der Gewährung von Finanzdienstleistungen oder in sonstiger Weise bei der Abwicklung diskriminiert wurde, so ist die Maßnahme kostenfrei innerhalb einer Woche seit der Ablehnung zu begründen. Die Begründung muss die wahren und zulässigen Gründe enthalten.“

Verbraucherzentralen sollten Verbraucher, die von Banken als Darlehensgeber abgelehnt wurden und aus diesem Grund die Verbraucherzentrale aufgesucht haben, auffordern, schriftlich nach den Gründen für die Ablehnung nachzufragen und die Antwortschreiben für eine Aktion im folgenden Jahr für eine Gesetzesinitiative zu sammeln. Wichtig ist auch zu klären, ob die Verbraucher bei einer anderen Bank das gewünschte Darlehen erhalten haben. Als Musterschreiben wird folgender Text empfohlen:

Musterschreiben

Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie haben mir mitgeteilt, dass Sie meine Kreditanfrage ablehnen, ohne mir die Gründe dafür mitzuteilen. Um nachvollziehen zu können, dass Ihre Entscheidung nicht auf veralteten oder falschen Daten beruht und keine Diskriminierung vorliegt, bitte ich Sie, mir bis zum
… (Datum, eine Woche)
schriftlich eine konkrete Auskunft zu erteilen, auf welcher Datenbasis die ablehnende Entscheidung meiner Kreditanfrage getroffen wurde und welches die ausschlaggebenden Kriterien dabei waren. Darüber hinaus bitte ich um Auskunft gemäß §§ 34 Abs. 1 und 2, 19, 6a Abs. 3 BDSG, welche personenbezogenen Daten bei Ihnen gespeichert sind und wie diese verarbeitet wurden.
Mit freundlichen Grüßen

ID: 45383
Author(s): Reifner, Claire; Tiffe, Achim; Reifner, Udo
Publication date: 30/10/07
   
 

Created: 09/04/10. Last changed: 11/04/10.
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