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Freigabe revolvierender Kreditkartenkredite für Non-Banks - Bundestag vor Verabschiedung des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) - Stellungnahme Prof. Reifner zum Hearing des Finanzausschusses am 11.2.2009

 

"Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften

der Zahlungsdiensterichtlinie (Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz)" BT-Drucksache 16/11613

Öffentliche Sachverständigenanhörung des Bundestagsausschusses für Finanzen

am 11. Februar 2009 von 14.00 - 15.30 Uhr

von

Prof. Dr. Udo Reifner, institut für finanzdienstleistungen e.V.

Zusammenfassung

Der Gesetzentwurf, der insgesamt Verbesserungen und Vereinheitlichungen im Zahlungsverkehr für Verbraucher durch Umsetzung der EU-Richtlinie 2007/64/EG vorsieht, hat in einem ganz anderen Gebiet, nämlich dem Kreditrecht, eine versteckte Liberalisierung der Kreditkartenkredite1 zur Folge.2 Echte Kreditkartenkredite, die unabhängig von der Kontoüberziehung Kredite zusätzlich vergeben, erhöhen die Anzahl der möglichen Kreditaufnahmen dramatisch. Damit werden finanzschwache Verbraucher in die Überschuldung getrieben. Kreditkartenreiterei ("Flipping"), wucherverdächtige Zinssätze beuten die Unerfahrenheit und Not der Nutzer aus, zumal die Betroffenen keine andere Möglichkeit der Kreditaufnahme mehr sehen. Diese Kreditkartenkredite sollen nun von einer Banklizenz befreit werden. Damit wird englischen Wucherkreditinstitutionen wie Providential, die sog. Payday-Loans in großer Zahl mit Zinssätzen von durchschnittlich 200% p.A. herauslegen, ein aufsichtsfreies Tor nach Deutschland geöffnet.

Die Erfahrungen in den USA und Großbritannien haben gezeigt, dass über eine explosionsartige Vermehrung der Kreditkartenkreditverschuldung sich die Haushalte so überschuldet haben, dass sie zahlungsunfähig wurden und teilweise durch Belastung des Hauses oder einfach durch Liquiditätsprobleme die Hypothekenkrise wesentlich mit ausgelöst haben. Dazu kommt eine eine inzwischen kaum überschaubare Anzahl von Kreditfallen ("secured credit cards", "churning", "flipping", "revolving") mit weit überhohten Barabhebungsgebühren, die bewirken, dass nur noch ein kleiner Teil der Kredite an die Verbraucher selber fließt, der Rest aber der Bezahlung der vielen Kreditkarteninstanzen dient..

 

Eine richtlinienkonforme Regelung könnte das Problem durch eine Präzisierung in §2 Abs.3 Ziff. S. 1 Ziff. ZAG lösen, der wie folgt gefasst werden sollte:

"1. die Gewährung des Kredits unentgeltlich erfolgt oder der Kredit aus der mit der Kreditkarte erfolgten Bezahlung einer Schuld erwächst, die nicht ihrerseits aus einem Darlehen stammt, und innerhalb der nächsten 12 Monate in gleichen monatlichen Raten zurückgeführt wird."

Die Stellungnahme beschreibt das Problem der Freigabe der Kreditkartenkredite (und bietet dazu im Anhang aktuelle Zeitungsberichte), zeigt dann die Regelung in der Richtlinie auf, bevor deren Umsetzung im aktuellen Entwurf kritisch gewürdigt wird. Sie schließt mit einem Regelungsvorschlag mit Begründung ab. Zu den übrigen Teilen des Entwurfs wird die Stellungnahme des iff aus dem Jahre 2005 zu den nach wie vor geltenden Implikationen der Richtlinie abgedruckt.

I. Das aktuelle System der Kreditkartenkredite in Deutschland

Aktuell können auf Grund §1 Abs.1 S.2 Ziff. 2 KWG ("Gewährung von Gelddarlehen") in Deutschland nur Banken und Sparkassen Kreditkartenkredite vergeben. Dies führt dazu, dass seriöse verantwortliche Kreditgeber in Deutschland vor allem das Kontoüberziehungssystem bevorzugen, während vor allem in der Krise belastete Banken ebenso wie unbekannte kleinere Banken und englische oder spanische Anbieter das System bevorzugen, dass in den USA und England zum Zusammenbruch vieler Haushalte geführt hat. (siehe Zeitungsartikel im Anhang)

1. Unechte (debit) Kreditkarten der meisten Banken mit Kontoüberziehungskredit

Dies hat in der Praxis dazu geführt, dass die ganz große Mehrheit (die meisten Geschäftsbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken) bei der Nutzung der Kreditkarte keinen gesonderten Kredit anbieten sondern den Überziehungsrahmen auf dem Lohn- und Gehaltskonto nutzen. Es sind also tatsächlich keine echten "Kredit"karten sondern ebenso wie die EC-Karten Debit-Karten. Ähnlich verfahren andere Anbieter von Kreditkarten, die mit der Hausbank insoweit zusammenarbeiten, dass sie eine Einziehung von diesem Konto für die verausgabten Beträge vorsehen.

Dieses System hat verhindert Überschuldung und den Verlust des Finanzüberblicks. Kunden können hier nicht mehrere Kredite parallel aufnehmen, bei denen der eine Kredit zur Tilgung der Zinsen des anderen benutzt wird ("Flipping"). Da der Überziehungsrahmen zudem am Lohn und Gehalt bemessen("Xfache des Monatseinkommens") und zudem ständig angepasst wird, kann auf diese Weise durch Kumulation von Kleinkrediten keine Schuldenlawine entstehen. Die Kontoauszüge konsolidieren zudem alle Kreditaufnahmen und ermöglichen dem Verbraucher einen wahren Verschuldungsüberblick. Schließlich bleiben auch schwache Verbraucher im Rahmen des Wettbewerbs um Konten, so dass bisher die Überziehungszinsen und damit die Kreditkartenzinsen in einem verträglichen Niveau bis max. 14% p.A. verbleiben. Es handelt sich um ein von den amerikanischen und englischen Kollegen in der Sozialarbeit und bei der Schuldnerberatung beneidetes System der "verantwortlichen Kreditvergabe".
 

2. Echte (revolving) Kreditkarten einiger Banken als Überschuldungsgenerator

Einige Banken praktizieren in Deutschland aber auch das anglo-amerikanische echte Kreditkartensystem, bei dem mit jeder Kreditkarte ein eigener Kreditrahmen verbunden ist, der revolvierend ist und beliebig für Barauszahlung oder zum Kauf genutzt werden kann. Auf diese Weise kann der Kunde eine Vielzahl von Kreditkarten verschiedener Banken oder Systeme (VISA und Master) nutzen. Diese Systeme erlauben eine unkontrollierte Schuldenexplosion, überhöhte Zinsen, Zinseszinsen und zusätzliche Gebühren, die im Zinssatz nicht enthalten sind.

Banken, die solche Systeme eingeführt haben bzw. noch haben, wie Berliner Bank, Groupo Santander mit mehren Produkten (CleverCard, SunnyCard, Super MasterCard und X-ite Card der Santander Consumer Bank, GenialCard (VISA) der Hanseatic Bank), RBS, HypoVereinsbank haben sich mit schillernden Namen bei solcher Kreditvergabe einen zweifelhaften Ruf erworben. Wohin das Geschäft driftet zeigt die Advanzia Bank aus dem luxemburgischen Munsbach. Sie bietet die "Gebührenfrei Mastercard Gold" an. Allerdings handelt es sich um wucherische Kredite, wie modern-banking.de berichtet: "Wird der offene Saldo der Monatsabrechnung nicht bis spätestens 20 Tage nach Erhalt der Rechnung manuell überwiesen, berechnet der Anbieter bonitätsabhängig mindestens 17,90% p.a. an Effektivzinsen für getätigte Einkäufe. Bei Bargeldverfügungen wird der Effektivzins grundsätzlich ab Transaktionsdatum berechnet, er liegt z. Zt. bei 25,94%. Auf Guthabenbasis kann das Kreditkartenkonto nicht geführt werden. Hinzu kommt, dass die Rechnungen per E-Mail verschickt werden."

Die Wuchergrenze liegt aktuell bei etwa 16% p.a. in Deutschland. Sie wirkt hier nicht, weil die Kreditnehmer sich nicht wehren sondern Schulden mit neuen Schulden tilgen.
 

II. Die EU-Richtlinie


1. Deregulierung nationalen Verbraucherschutzes durch Maximalharmonisierung

Gemäß Art. 86 der Richtlinie handelt es sich um eine Maximalharmonisierung, die auch zulasten der Verbraucher Deutschland zwingt, ungünstigere EU-Bestimmungen als das geltende nationale Recht umzusetzen. Ob dies mit Art. 153 Europ. Vertrag vereinbar ist, der ausdrücklich den Nationalstaaten die Möglichkeit lässt, besseren Verbraucherschutz im Gesetz zu verankeren, wodurch das Vertrauen der Verbraucher auch in ausländische Anbieter gestärkt wird, ist umstritten. Dem europäischen Gerichtshof wird hier ebenso wie der Kommission vielfach Marktgläubigkeit unterstellt, bei der der Verbraucherschutz nur den Markt behindert und nicht ermöglicht. Angesichts des aktuellen Marktversagens bei Finanzdienstleistungen sollte an sich ein Umdenkungsprozess hier eingeleitet sein. Die aktuelle Richtlinie war davon noch nicht berührt und wurde auch nicht angepasst. Dies wirft Zweifel daran auf, ob Ministerrat und Kommission wirklich gewillt sind, Konsequenzen aus dem Regulierungsversagen der Vergangenheit zu ziehen, wenn sie weiter dessen Ansätze umsetzen.

2. Spielraum für nationale Regelung der Kreditkartenkredite durch die Richtlinie

a) Abschied in Raten von der staatlichen Überwachung der Kreditvergabe

Unter dieser Prämisse ist gleichwohl festzustellen, welche Möglichkeiten die Richtlinie für eine verantwortliche Kreditvergabe auf nationaler Ebene belässt.

Die Richtlinie hatte in ihrem ursprünglichen Entwurf lapidar festgestellt, dass zu den Kreditkartengeschäften auch die Kreditvergabe gehöre. Auf Intervention der European Coalition for Responsible Credit und der Verbraucherverbände wurde dann den Bedenken Rechnung getragen und das englische Ansinnen, hiermit auf dem Kontinent die Einordnung von Krediten als Bankgeschäften aufzuweichen eingedämmt.

Dabei geht die Richtlinie eindeutig davon aus, dass die in der Zahlungsverkehrsrichtlinie geregelten Aktivitäten keine Überwachung wie die übrigen Bankgeschäfte erfordert. Ziff. 11 der Erwägungen lautet:

(11) Die Vorschriften für die Zahlungsinstitute sollten der Tatsache Rechnung tragen, dass Zahlungsinstitute ein spezialisierteres und eingeschränkteres Geschäftsfeld als Kreditinstitute haben und ihre betriebsbedingten Risiken deshalb enger sind und leichter überwacht und gesteuert werden können.


Deutschland zusammen mit den meisten anderen kontinental-europäischen Ländern haben direkt oder indirekt (Refinanzierungsverbote) für Kreditgeschäfte richtiger weise festgestellt, dass sie dieselbe Sorgfalt und Überwachung erfordern wie Anlagegeschäfte. Angesichts der Subprimekrise, der Zunahme von Wucher und dem Kreditkartenkreditdesaster in den USA mit über 800 Mrd. $ quasi uneinbringlichen Verbraucherschulden zeigt die Entwicklung, dass diese Linie richtig ist. Die dritte Bankrechtsrichtlinie sieht zwar nur im Einlagengeschäft ein Bankmonopol (weil ansonsten Großbritannien sein System hätte ändern müssen), lässt aber den Mitgliedsstaaten hier die Möglichkeit, anders zu verfahren. Dies wird auch zur Zeit nicht infrage gestellt.

Durch die Hintertür der Zahlungsverkehrsrichtlinie wird dies nun doch aufgeweicht, ohne dass die poltische Tragweite dieser Deregulierungsaktion diskutiert wird.
 

b) Einschränkungen der Deregulierung in der Richtlinie

Die Richtlinie hat in ihrer jetzigen Gestalt auf die Kritik reagiert. Sie hat zwei Sicherheiten gegen den Missbrauch einer Zahlungsverkehrsrichtlinie zur Freigabe von nicht-banklichen Wucherkrediten geschaffen:

  1. Das Kreditgeschäft darf nur eine Nebentätigkeit zum Zahlungsverkehrsgeschäft sein

  2. Der Kredit darf nicht länger als 12 Monate laufen.

Art. 16 lautet

(3) Zahlungsinstitute dürfen Kredite im Zusammenhang mit den unter den Nummern 4, 5 oder 7 des Anhangs genannten Zahlungsdiensten nur gewähren, wenn die folgenden Anforderungen

erfüllt sind:

a) die Kreditgewährung ist eine Nebentätigkeit und erfolgt ausschließlich im Zusammenhang mit der Ausführung eines Zahlungsvorgangs;

b) ungeachtet einzelstaatlicher Vorschriften über die Kreditgewährung mittels Kreditkarten wird der im Zusammenhang mit einer Zahlung gewährte und im Einklang mit Artikel 10 Absatz 9 und Artikel 25 vergebene Kredit innerhalb einer kurzen Frist zurückgezahlt, die 12 Monate in keinem Fall überschreiten darf;

c) der Kredit wird nicht aus den für den Zweck der Ausführung eines Zahlungsvorgangs entgegengenommenen oder gehaltenen Geldbeträgen gewährt; und

d) die Eigenmittel des Zahlungsinstituts stehen nach Auffassung der Aufsichtsbehörden jederzeit in einem angemessenen Verhältnis zum Gesamtbetrag der gewährten Kredite.

Damit sollte verhindert werden, dass das Tor für englische Wucherkreditgeber nach Deutschland offen gestoßen wurde. In den Erwägungen dazu heißt es entsprechend:

"(13) Diese Richtlinie sollte die Gewährung von Krediten durch Zahlungsinstitute, das heißt die Einräumung von Kreditrahmen und die Ausgabe von Kreditkarten, nur in den Fällen regeln, in denen die Gewährung eng mit Zahlungsdiensten verbunden ist. Nur wenn Kredite mit kurzer Laufzeit gewährt werden, um Zahlungsdienste zu erleichtern, und — auch als Revolvingkredit — für einen Zeitraum von höchstens 12 Monaten gewährt werden, sollte es den Zahlungsinstituten erlaubt sein, diese Kredite im Hinblick auf grenzüberschreitende Tätigkeiten zu gewähren, sofern sie hauptsächlich aus den Eigenmitteln des Zahlungsinstituts sowie anderen an den Kapitalmärkten aufgenommenen Mitteln finanziert werden, nicht aber aus Geldern, die das Zahlungsinstitut im Auftrag von Kunden für die Erbringung von Zahlungsdiensten entgegengenommen hat. Die Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (4) und andere einschlägige gemeinschaftliche oder nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf durch diese Richtlinie nicht harmonisierte Bedingungen für die Gewährung von Krediten an Verbraucher bleiben von dem Vorstehenden unberührt."
 

III. Die Umsetzung in deutsches Recht

1. Gesetzentwurf nimmt Umgehungsmöglichkeiten zu §1 KWG (billigend) in Kauf

Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der Richtlinie nicht die Mühe gegeben, sie ihrem Sinn nach, nämlich so, dass keine Umgehung der deutschen Vorschriften zur Freigabe von wucherischen und gefährlichen Kleinstdarlehen über Kreditkarten möglich ist, zu verwirklichen. Vielmehr wird der Wortlaut der EU-Richtlinie ohne Rücksicht auf die deutschen Besonderheiten ins deutsche Recht übernommen, obwohl dieser auch für Großbritannien gilt, wo ganz andere Aufsichtsverhältnisse herrschen. Angesichts des Verhaltens der deutschen Regierung in Brüssel kann dies nicht als absichtslos unterstellt werden.
 

2. Versteckte Freigabe der Kreditkartenkredite

a) Barkredite bankfrei erlaubt

Im Gesetzentwurf über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG) werden die reinen "Zahlungsdienstleister" (§1 Ziff. 5) aus der effektiven Aufsicht im Rahmen des Kreditwesengesetzes (§§1 Ziff. 9 KWG) herausgenommen und einer allenfalls noch als Gewerbeaufsicht zu bezeichnenden Aufsicht unterstellt, sowie vom Erfordernis der Banklizenz befreit. (Kaum Haftungskapital, kaum Anforderungen an die Direktoren, kaum Aufsicht) Dies mag für Zahlungsdienste erträglich sein, soweit es sich im wesentlichen um Geldtransport von einem Ort zum anderen handelt.

§2 Abs. 3 ZAG wiederholt nun aber wörtlich Art. 15 Abs.3 der Richtlinie.

Er erlaubt dabei bei allen "Zahlungsdiensten" und damit auch bei "Barauszahlungen von einem Zahlungskonto" i.S. des §1 Abs.2 Nr. 1 2.Alt. ZAG, wozu die Nutzung einer Kreditkarte an jedem Bargeldautomat gehört, die Kreditvergabe durch Nichtbanken, die zudem noch im Ausland beaufsichtigt werden.

§2 Abs.3 S. 2 ZAG stellt dabei an versteckter Stelle klar, dass solche Kredite nicht mehr unter das KWG und die Aufsicht der BAFIN fallen:

"Eine Kreditgewährung, die die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt, gilt nicht als Kreditgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Kreditwesengesetzes, wenn sie durch ein Zahlungsinstitut erfolgt, das als Kreditinstitut keine Erlaubnis zum Betreiben des Kreditgeschäfts hat."

Dass diese Klarstellung dann in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Kreditwesengesetz nicht erfolgt ist, macht das Gesetz gerade hier undurchdringlich.3

Das Gesetz erlaubt also Verbraucherdarlehen mit Abhebung und nicht nur die Nutzung der Karte als Mittel in Abzahlungsgeschäften bei Handelskreditkarten. C&A gibt bereits eines solche Darlehenskreditkarte heraus.
 

b) Restriktionen verhindern nicht die ungehemmte Kreditvergabe

In den Erläuterung (BT Drucks. 827/08 S. 70) wird der Wortlaut des Gesetzes nur wiederholt und behauptet, dass es sich nur um einen "technischen Kredit" handele. Diese verniedlichende Reduktion der Freigabe findet jedoch bisher im Gesetz keine Stütze.

  1. Der Kreditkartenkredit wird nicht definiert und damit der Gestaltung den Anbietern frei überlassen. Zinssatz, Variabilität, Gebühren, Effektivzins etc. werden nicht erwähnt. Insbesondere wird der Kreditrahmen nicht begrenzt, weshalb es nicht um Kleinkredite geht. Bedauerlich ist, dass die Richtlinie in den Erwägungen (insoweit verschwiegen in der deutschen Gesetzesbegründung) sogar ausdrücklich das System der "Revolving Credits" (Kredit für Kredit) anspricht und damit legitimiert. Dass die Regelungen für Verbraucherkredite in Richtlinie und §§491 ff BGB gelten, ist selbstverständlich und hätte in der Richtlinie nicht erwähnt werden müssen. Dieser Hinweis verschweigt aber, dass ein Kreditgeber ohne Banklizenz und Aufsicht erheblich stärkere Restriktionen gegen Wucherkredite bräuchte als eine Bank. Dass man dies in Großbritannien nicht so sieht, sollte angesichts der aktuellen Kredit-, Wucher- und Überschuldungslage dort nicht zum Standard in Europa gemacht werden.

  2. Revolvierende Kredite werden möglich. Die Frist von 12 Monaten verhindert dies nicht. Sie ist bei Krediten, die allein der Ermöglichung von Zahlungsvorkehrungen gilt, absolut unüblich. In der Praxis gibt es heute auf Grund des online Verkehrs nirgendwo mehr eine längere Frist der Kreditierung als 3 Wochen. Früher wurden teilweise bis zu 3 Monaten gewährt, um Kunden anzulocken und die Probleme des offline Gebrauchs in den Griff zu bekommen. Typisch war und ist aber immer die Zinslosigkeit solcher Kredite.

    Die 12 Monatsfrist lässt darauf schließen, dass hier bewusst fehlerhaft geregelt wurde. In ihr wird ja anders als im belgischen und Schweizer Recht nicht festgelegt, dass dieser Kredit in 12 gleichen Monatsraten auch rückführbar sein muss. Er reicht, dass irgendwie am Ende der 12 Monate der Kredite fällig wird. Ob er bezahlbar ist, scheint keine Rolle zu spielen.

    Die Begründung der Bundesregierung ist hierzu irreführend. Sie geht auf die Praxis des Flipping, wie es schon die Schuldnerberatung beherrscht, nicht ein. Während die EU noch ausdrücklich zugibt, dass der Kredit als "revolving credit" gewährt werden kann (s.o. Ziff. 13 "auch als Revolving") behauptet die deutsche Gesetzesbegründung: "Der Einsatz der Kreditkarte mit Teilzahlungsfunktion oder revolvierende Kredite, soweit sie diese Frist verlängern, sind also ausgeschlossen." (BT Drucks 827/09 S.71).

    Der Verweis auf eine Fristverlängerung ebenso auf eine Zahlungskarte mit längerer Frist, was ausgeschlossen sei, ist rein rechtsformalistisch gemeint. Der Kreditgeber kann dies nicht im voraus vereinbaren, was er in der Praxis auch gar nicht vorhat. Im sog. Flipping werden die Kredite einer Kreditkarte bei Fälligkeit mit der Kreditaufnahme über eine andere Kreditkarte zurückgezahlt. Dabei kann eine Bank dem Kunden mehrere Kreditkarten überlassen. In den USA war es bei Citibank üblich bis zu 4 VISA und 4 Mastercards (verschiedener Filialen) mit eigenen Kreditlinien dem Kunden zu geben. Faktisch bauen sich allmählich über Zinseszinsen Überschuldungssysteme ohne Ausweg auf, in denen dann jede Gebühr und jeder Zinssatz genommen werden kann, weil die Kreditnehmer auf die Gnade der Kreditgeber beim Kreditrahmen angewiesen sind. Zahlt der Kunde zwischenzeitlich zurück, so kann der neue Kredit immer wieder quf 12 Monate laufen. Die BAFIN hat schon gar keinen Zugang zu dieser Information. Sie wird niemals überprüfen können, woraus ein Kredit zurückbezahlt wurde, ob aus Kredit oder aus Einkommen. Nur letzteres würde verhindern, dass die Kreditkartenkredite unbeaufsichtigte Überschuldungslawinen auslösen.

  3. Dass der Kredit "ausschließlich im Zusammenhang mit der Ausführung eines Zahlungsvorgangs" (§2 Abs.2 S. 1 Ziff. 1 2.Alt. ZAG) erfolgen muss, stellt ebenfalls keine Einschränkung da, weil als Zahlungsvorgang auch die Barauszahlung gilt. Damit handelt es sich um einen Zirkelschluss: Die Kreditaufnahme führt zu einem Zahlungsvorgang, der Zahlungsvorgang führt zur Kreditaufnahme.

  4. Auch die Anforderung, dass der "Kredit als Nebentätigkeit gewährt" (§2 Abs.2 S.2 Ziff. 1 1. Alt. ZAG) wird, schränkt nicht ein. Was das bedeutet, wird weder im Gesetz noch in der Erläuterung erklärt. Dort heißt es nur "der dem Bezahlungsvorgang als Nebenfunktion untergeordnet ist". Verbraucherkredite sind aber logisch immer eine Nebenfunktion eines Zahlungsvorgangs. Verbraucher nehmen nicht Geld um seiner selbst willen auf sondern weil sie damit Bezahlungen für den Erwerb von Konsumtionsmöglichkeiten ermöglichen wollen.
     

IV. Regelungsvorschlag zu §2 Abs.3 Ziff. S. 1 Ziff. ZAG ("Nebentätigkeit")

Die deutsche Regelung kann an den Vorgaben der EU-Richtlinie nichts mehr ändern. Der Sinn der Kreditfreigabe in Richtlinie und Gesetz ist die Begrenzung der Freigabe auf die Notwendigkeiten des Zahlungsverkehrs. Die Frist von unrealistisch lange Frist von 12 Monaten für die Rückführung zeigt aber, dass auch andere Interessen im Spiel waren.

Nur um eine klare einschränkende Definition zu dem Verhältnis von Zahlungsvorgang und Kreidtgewährung kann hier weiterhelfen.

§2 Abs.3 Ziff. S. 1 Ziff. ZAG sollte wie folgt gefasst werden:

1. die Gewährung des Kredits unentgeltlich erfolgt oder der Kredit aus der mit der Kreditkarte erfolgten Bezahlung einer Schuld erwächst, die nicht ihrerseits aus einem Darlehen stammt, und innerhalb der nächsten 12 Monate in gleichen monatlichen Raten zurückgeführt wird.

Begründung

  1. Die Formulierung deckt zunächst die überwiegende Praxis der unentgeltlichen Kurzkreditgewährung bei Kreditkarten in Deutschland ab. Sie kann jetzt nach wie vor auch vom Handel und in Zukunft auch über Nichtbanken als Intermediäre ausgeführt werden.

  2. Sie erlaubt entsprechend den Vorgaben der Richtlinie in Zukunft aber auch eine entgeltliche Ratenkreditgewährung durch Nicht-Banken bis zu 12 Monaten aus Erwerbsgeschäften und stellt dabei sicher, dass nach dem Prinzip der verantwortlichen Kreditvergabe die Schuld nicht höher ist, als wie die Rückzahlungsmöglichkeiten sind.

  3. Ausdrücklich ausgeschlossen werden ungebundene Verbraucherdarlehen, die der Kunde als Barabhebung aus einem Automaten oder einer Zahlstelle einer Nicht-Bank bezieht. Dies bleibt Aufgabe des überwachten Bankensektors und sollte nicht in unüberwachte Hände geraten.

  4. Damit wird auch die Möglichkeit des Flipping auf Bankkreditkarten begrenzt.

  5. Dies steht im Einklang mit der Richtlinie, weil es um den Zahlungsverkehr und nicht um Gelddarlehen geht. Die hätte in der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG oder in der Bankrechtsrichtlinie geregelt werden müssen. Wenn man spitzfindig die Kreditaufnahme mit zum Zahlungsverkehr rechnet, weil bei jeder Kreditaufnahme und Kreditabzahlung Prozesse des Zahlungsverkehrs anfallen, dann wäre die Unterscheidung der Finanzdienstleistungen in solche von Anlage, Kredit, Versicherung und Zahlungsverkehr sinnlose, weil alles andere immer auch Zahlungsverkehr ist.

1 Die Richtlinie ignoriert gerade bei Kreditkarten die verbraucherschützenden eigenen Empfehlungen 97/489/EG und 88/590/EWG.

2 Vgl. dazu schon die Stellungnahme von ECRC zum Richtlinienentwurf 2005: http://www.responsible-credit.net/index.php?id=1980&viewid=39672

3 So auch Schäfer/Lang BKR 2009, 1 ff, 14 unter 4 d


ID: 42373
Author(s): UR
Publication date: 05/03/09
   
URL(s):

Identische Regelung in §5 Entwurf österreich.. Bankengesetz
 

Created: 05/02/09. Last changed: 17/03/09.
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