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Ein weiterer Baustein im Verbraucherschutzverständnis des Justizministeriums: Red-Lining soll in Deutschland erlaubt sein. Datenschutzbeauftragter und Verbraucherschützer warnen.

Redlining-Entwurf der Bundesregierung

Redlining nannte man in den USA die Praktik, in den Hinterzimmern der Bankfilialen, dort wo Kredite entschieden wurden, Stadtpläne aufzuhängen und dabei einzelne Straßenzüge mit roten Linien einzugrenzen, um allen Mitarbeitern deutlich zu machen, dass die dort Wohnenden keine Kredite mehr bekommen sollen. Damit wurden die bis heute beklagten Armutsghettos zementiert, in denen Häuser ohne Kredit verfielen. Wo immer Schwarze einzogen gab es eine sich selbst erfüllende Prophezeiung ("This place gets dirty"), weil die Banken bald die Linien ziehen würden.

Als es bereits für die meisten Bezirke zu spät war, führte eine Kampagne (Gale Cincotta, die noch kurz vor ihrem Tod auf der ECRC-Konferenz in Straßburg sprach und als die Mutter der CRA Bewegung gilt, besetzte mit 2000 Frauen für zwei Tage die Wallstreet und grenzte Banker Villen mit rotem Band ein) zu Änderungen. In den 80ziger Jahren war dann das Redlining verboten und den Banken mit dem Community Reinvestment Gesetz die Auflage gemacht worden, genau darüber Rechenschaft abzulegen, welche Kredite sie wo vergeben haben. Dies hat in den 80ziger Jahren zu Massenprotesten ("Die Farbe des Geldes") nicht nur unter den benachteiligten Schwarzen geführt. Das Ergebnis war der Equal Credit Opportunity Act, der Home Mortgage Disclosure Act und der Community Reinvestment Act. Danach müssen Banken jährlich ausweisen, dass sie günstige Kredite in Armutsbezirken vergeben haben. Die Bankaufsicht teilt ihnen ihren Bezirk mit, äber den sie berichtspflichtig sind. Ein Rosinenpicken ist damit unmöglich. Scoring unter Verwendung von Postleitzahlen ist in den USA verboten. Wird aus den Zahlen eine regionale Diskriminierung deutlich, so bekamen sie ein schlechtes Sozialrating, was ihnen Genehmigungen etwa für Fusionen oder neue Fialen verwehrte. Das CRA Rating ist heute in der Kreditkrise wieder sehr wichtig geworden. Mehr Informationen hierzu können in unserem System abgerufen werden.

Die Bundesregierung
hat nun ihren änderungsentwurf zum Datenschutzgesetz ("SCHUFA-Gesetz") der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei will sie nach einer Meldung von heise-online von heute Geo-Scoring zur Bonitätspräfung zulassen: "Ausdrücklich erlaubt werden soll, Wohnortdaten in die Ermittlung der Scorewerte zur Prüfung der Kreditwürdigkeit einzubeziehen. Entsprechende Klauseln können die Scoring-Anbieter im Kleingedruckten ihrer Geschäftsbedingungen verstecken."
Dies bedeutet, dass, wie es der SCHUFA-Schuldenkompass bereits generell mit seinen rotgefärbten Bezirken andeutet, nun auch in jedem Fall ein Kreditnehmer zum Gefangenen der sozialen Struktur seines Wohnortes wird.

In dem Überschuldungsreport 2007 hat das iff empirisch am Beispiel von Wilhelmshaven und Hamburg dargestellt, dass die von der SCHUFA rot eingefärbten Bezirke keineswegs als solches weniger kreditwürdig sind als wohlhabende Bezirke. Sie haben nur mehr Arbeitslose und alleinerziehende Eltern. Vergleicht man gleiche Sozialgruppen in reichen und schwachen Bezirken, so sind die Menschen in diesen Bezirken sogar erheblich kreditwürdiger, weil sie eine bessere Kreditgeschichte aufweisen. Diese Menschen, Arbeitnehmer, Selbständige, Händler etc, die in solchen Bezirken leben und mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass sie nicht abkippen, werden durch ein lokales Scoring benachteiligt. Das ist unerträglich.

Die Meinung teilt auch der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung Schaar. In der Zeitschrift Kommunikation und Recht kritisiert er das Geo-Scoring, wie er das Redlining umschreibt. Dabei legt er den Schwerpunkt darauf, dass das Geo-Scoring eine Kombination verschiedener Daten mit der Adresse erlaube und verknüpft dies mit der Kritik an der fotographischen Erfassung von Hamburg für Google Earth. Auch die Verbraucherverbände kritisieren das Verfahren sehen aber eher das Problem in der Datensammlungswut oder darin, dass die Daten nicht stimmen. Heraus kommt ein ziemliches Durcheinander der Kritik, bei der der Bürger schwer unterscheiden kann, ob es sich hier nur um die Schattenseiten einer großen Chance ("Vermeidung von Überschuldung") handelt, was von der Wirtschaft sehr erfolgreich propagiert wird. Es geht darum, dass man die Vorteile einer informierten Kreditvergabeentscheidung durchaus haben kann aber die wirklich schädlichen Wirkungen sich vermeiden lassen. Da hilft nicht die gut bürgerliche Angst vor dem Entdecktwerden, die die vornehmlich betroffenen Unterschichten in Geldsachen nicht teilen. Es geht um soziale Gerechtigkeit, die mit verfälschenden Statistiken unterminiert wird. Daher ist die Postleitzahl im Scorewert ein Angriff auf unsere Sozialstaat und den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG und weniger ein zusätzlicher Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung. Wo Sozialhilfeempfänger und Verschuldete vor den Behörden und Finanzdienstleistern nackt dastehen, kann die Postleitzahl in den falschen Händen auch niemanden mehr erschüttern.

USA Bankenaufsicht (Comptroller of the Currcency) hat nun am selben Tag genau das Gegenteil zur Bewältigung der Kreditkrise in den USA vorgeschlagen. Der CRA soll verschärft werden. Mehr Kriterien sollen die sozialen Implikationen der Kreditvergabe spiegeln. Die Meldung lautet

We are also working to develop a revision to the Community Reinvestment Act regulations to provide CRA consideration for banks and thrifts that provide assistance to revitalize and stabilize middle-income areas affected by foreclosures. The language we have proposed would support the goals of the housing bill by providing CRA credit for loan modifications, foreclosure prevention counseling, and other activities that would help revitalize and stabilize areas impacted by foreclosures.

In addition, the banking agencies are nearly ready to issue a new set of CRA questions and answers that cover a number of issues, including how banks can receive CRA credit for foreclosure prevention programs for low- and moderate-income homeowners, consistent with the interagency Statement on Working with Mortgage Borrowers.

At a time when so many Americans are struggling to keep up with ballooning mortgage payments, we need to use every tool at our disposal to help them.

Kette der unsozialen Regulierungen im Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen durch SPD Ministerium reißt nicht ab

Seit nunmehr ca. 15 Jahren ist das Bundesjustizministerium in SPD Hand. Seitdem erfährt der Verbraucherschutz für untere Schichten jährliche Fußtritte. Während man Benzinsubvention, Wohngeldsubventionen, höheres Kindergeld und andere Almosen lautstark diskutiert, wird die wirtschaftliche Stellung ärmerer und insbesondere überschuldeter Menschen in der Gesellschaft weiter entscheidend geschwächt und mit Kosten belastet.

Hier eine stark vereinfachende Aufzählung
  • Die Nichtigkeit von Haustärgeschäften im Kredit wurde abgeschafft und mit einem unbrauchbaren Widerrufsrecht ersetzt
  • Die extrem überhöhten Vorfälligkeitsentschädigungen für die Wohneigentümer, die aufgeben müssen, wurden im Gesetz verankert
  • Ein Sondertatbestand entlastete die Banken von der Mitverantwortung fär den finanzierten Verkauf von Schrottimmobilien an Normalbärger.
  • Ein zusätzliches nebulös formuliertes Kündigungsrecht gegen vermögenslose Kreditnehmer wurde ins BGB aufgenommen, das Hauspreisverfall (Verschlechterung der Sicherheiten) allein zulasten der Kreditnehmer reguliert.
  • Kreditverkäufe ganzer Verträge sollen im Risikobegrenzung-Gesetz nun Anerkennung finden.
  • Mit der maßgeblich vom deutschen Justizministerium verschlechterten Konsumkreditrichtlinie wird jetzt eine Vorfälligkeitsentschädigung für Ratenkreditnehmer eingeführt
  • Wer seinen Kreditvertrag nach dem neuen Entwurf in Zukunft widerruft, muss jetzt auch den Wucherzinssatz der Bank weiterzahlen, weil er davon nicht mehr rückwirkend zugunsten eines Marktzinssatzes befreit wird.
  • Wucherische Restschuldversicherungen werden anerkannt und müssen nach neuem Recht nicht im Effektivzinssatz angegeben werden. Eine Wucherregelung, wie sie die SPD einst als Opposition vorschlug, wird nicht einmal mehr diskutiert.
  • Die überhöhten äberziehungsprovisionen, mit denen notleidende Verbraucher der Genuß gedeckelter Verzugszinsen verwehrt wird, werden im Gesetz verankert.
  • Es gibt keine Pflicht zum Mindestgirokonto, für dass die SPD in der Opposition einst einen Gesetzentwurf vorlegte. Auch das pfändungsfreie Konto wird auf Eis gelegt. (Originalton eines SPD Abgeordneten: "Wollen die überhaupt ein Konto?")
  • Die Verschuldung auf Mausclick wird jetzt möglich.
  • Mit dem Rechtsdienstegesetz besteht die Gefahr, dass mit der Rechtsnot überschuldeter Gewinne gemacht werden.
  • Hedgefonds und gefährlichen geschlossenen Immobilienfonds wurden sukzessive die Türen geöffnet
Alle diese beispielhaften Maßnahmen wurden nicht so offen wie Hartz IV oder v. Pierer V (Finanzmarktfärderungsgesetze) eingeführt. Vielmehr wurden sie immer mit einem Informationsdressing übergossen, wonach die Armen in Zukunft über ihr Schicksal zu informieren sind. Dass die Banken mit dieser Freiheit wenig Sinnvolles anfangen konnten zeigen die Milliardensubventionen, mit denen die Regierungen sie aus ihrer Misere retten müssen. Dabei ist die Krise des Hypothekenkredits überhaupt noch nicht offen gelegt.

Das BMJ scheint es an Kontakt zu ethisch motivierten Stakeholdern und sozial orientierten Juristen verloren zu haben. Arbeitsteilig mit Brüssel wird der soziale Verbraucher- und Schuldnerschutz abgebaut und durch Marktfreiheiten kompensiert.

ID: 41678
Author(s): UR
Publication date: 07/09/08
   
URL(s):

Redlining Entwurf der Bundesregierung zum Datenschutzgesetz

Heise Online Meldung

Informationen zum Redlining weltweit in der FIS Datenbank des iff
 

Created: 30/07/08. Last changed: 10/09/08.
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