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Kreditverkäufe an Geierfonds - Bundesregierung erkennt implizit das Recht der Banken zum Verkauf notleidender Darlehen an. Ein Beispiel, wie im Namen von Verbraucherschutz die Rechte der Verbraucher beschnitten werden könnten.
WILL "ZYPRIES DEN SCHUTZ VON KREDITNEHMERN VERBESSERN“?

In der Pressemeldung des BMJ vom 11.12.2007 will Bundesjustizministerin Zypries „den Schutz von Kreditnehmern bei einem Verkauf ihrer Darlehensforderungen verbessern.“ Es dürfe „nicht plötzlich ein Finanzinvestor vor der Tür stehen und Rückzahlung verlangen, mit der Zwangsvollstreckung drohen oder sogar die Zwangsvollstreckung durchführen“ heißt es im Aufmacher. Dann aber geht der Text über zur Abtretungspraxis von Mortgage Backed Securities bei Forderungen mit guter Bonität, die „international üblich“ sei und sich „in niedrigen Darlehenszinsen“ niederschlage. (Das erste ist richtig, für das zweite Argument dürfte sie den Beweis schuldig bleiben zumal die USA als Paradefall eines fast 100%igen MBS Marktes mit der „Subprime“ (zu deutsch „überteuert“) Krise eher andeuten, dass die Abtretung nicht den Verbrauchern zugute kommt.)

Darauf kommt es aber gar nicht an. Die Behauptungen zum MBS Markt haben leider gar nichts mit dem eingangs so treffend beschriebenen Problem von Verbrauchern mit Finanzinvestoren bzw. „Geierfonds“ zu tun. Diese Investoren kaufen nicht solche Forderungen sondern die sogenannten NPLs, das heißt „notleidende Kredite“ und zwar zum Ausschlachten.

Bei den konkreten Vorschlägen merkt man dann auch, dass die Verwechslung System hat.

Im ersten Vorschlag wird unterstellt, dass „Darlehensverträge abtretbar“ seien. Das ist juristischer Unsinn und eine verfassungswidrige Beeinträchtigung der aktuellen Rechte eines Kreditnehmers, für den „seine“ Bank für die Erfüllung ihrer Hauptpflicht, der dauernden Gewährung des Darlehens, weiter einstehen muss. Das hat das Bundesverfassungsgericht vor kurzem für die „Abtretung von Versicherungen“ festgestellt und im Gesetz steht es in § 415 BGB. Warum behauptet eine Justizministerin das Gegenteil?

Sie verpackt es in ein Zugeständnis. Anbieter sollen verpflichtet werden, auch „nicht abtretbare Darlehensverträge“ anzubieten. Wirtschaftlich ist dies ein Unsinn, da Sie doch selber meint, solche Darlehen müssten weit teurer sein – also ein allgemeines Recht nur noch für die Reichen? Oder kennt Sie sich nicht aus und meint in Wirklichkeit nur Darlehen mit nicht abtretbaren „Forderungen“, so wie es im Aufmacher noch richtig steht?

Die übrigen „Hilfen“ zu mehr Transparenz folgen dem neo-liberalen Konzept, dass anstatt Rechten Verbraucherinformation angeboten wird. Die Verbraucher sollen frühzeitig über Änderungen und über alle Abtretungen informiert und offensichtlich auch dann beunruhigt werden, wenn es sie gar nicht betrifft. Transparente Rechtlosigkeit ist das Motto.

KÜNDIGUNGSSCHUTZ IM HYPOTHEKENKREDIT

Dass mit einem weiteren Vorschlag die Ansätze zum Kündigungsschutz bei Konsumkrediten (Mindestratenverzug, Gespräch und Rückerstattung der unverbrauchten Zinsen bei notleidenden Krediten "ohne Vorfälligkeitsentschädigung") auf Hypothekenkredite erweitert werden sollen, klingt revolutionär und wäre eine große Erleichterung für überschuldete Hausbesitzer und zugleich eine Warnung vor unverantwortlicher Kreditvergabe mit standardisierter Überbewertung der Sicherheiten, wie im Schrottimmobilienmarkt üblich.
Doch versprochen wird dies wie so oft keineswegs. Vage heißt es „Auch der Häuslebauer wird dann besser vor einer Kündigung seines Kredits geschützt.“ Wie, das bleibt offen. Wir erinnern uns noch gut, dass dieselbe Ministerin die im internationalen Maßstab exorbitanten Vorfälligkeitsentgelten mit ihrem § 490 Abs. 2 S.3 BGB, der angeblich die Verbraucher schützen sollte, erst eine dem Privatrecht fremde "Entschädigung" ins BGB hineingebracht hat und damit die unsinnige Praxis der Langzeitbindungen verewigte. Das dürfte jetzt wieder passieren, wenn mit „Verbraucherschutzargumenten“ der Schutz der Darlehnsnehmer in § 415 BGB abgeschafft wird, statt die Rechtsprechung zu ermahnen, dem Gesetz Geltung zu verschaffen oder selbst beim Bundesverfassungsgericht eine Klärung zu initiieren.

VERBRAUCHER HABEN SCHON JETZT ANSPRUCH AUF ANGEMESSENE KREDITE NACH ABLAUF DER ZINSBINDUNGSFRIST - GESETZESVORSCHLAG WÜRDE DIES IN FRAGE STELLEN


Ähnlich steht es auch mit dem "großzügigen" Anspruch, ein Verlängerungsrecht zu verankern. Auch hier mangelt es an Kenntnis im Ministerium. Laufzeit eines Kredites und Zinsbindungsfrist sind zwei verschiedene Dinge. Typischerweise ergibt sich nämlich aus den Berechnungsunterlagen einer Bank, dass sie dem Kunden ein Konzept für 30 Jahre bei 10jähriger Zinsbindung anbietet. In diesem Fall handelt es sich um eine unechte Abschnittsfinanzierung, bei der dem Kunden zumindest schlüssig eine Laufzeit von 30 Jahren angeboten wird. In diesen Fällen hat der Kunde ohnehin einen Anspruch auf weitere Darlehensgewährung und damit auch auf das Angebot eines "angemessenen" (§ 315 BGB) Folgezinssatz, der gerichtlich überprüfbar ist. Wenn hier Regelungen angeboten werden so liegt auch hier der Verdacht nahe, dass man diese Rechte nicht anerkannt und damit auch für die Zukunft ausschaltet und stattdessen ein entsprechend fades Ersatzrecht im Gesetz verankert.

UNSINNIGER SCHADENSERSATZANSPRUCH STATT SCHUTZ VOR GERICHTSFREIER ZWANGSVOLLSTRECKUNG - VERBRAUCHER WERDEN IN DIE GERICHTE GETRIEBEN

Besonders bedauerlich ist auch der neue unsinnige Schadensersatzanspruch, der nach demselben Muster gewährt werden soll. Nicht die Abtretung gerichtsfrei eintreibbarer Grundschulden durch zweifelhafte ausländische Fonds wird infrage gestellt. Stattdessen sollen die Verbraucher auf eine nachträgliche Kontrolle verwiesen werden. Auch hier erfolgt eine implizite Anerkennung der äußert fraglichen Praxis, höchstpersönliche Verpflichtungen der Verbraucher zur Unterwerfung unter die gerichtsfreie sofortige Zwangsvollstreckung nach der Willkür der Gläubiger auf unbekannte Dritte zu übertragen. Als Kompensation bekommen diejenigen, die Haus und Hof verloren haben dann das "großzügige" Recht, gegen Banken eine Klage einzureichen. (Gerade gekam ein Unternehmer nach 15 (!) Jahren in einem Hypothekenstreit mit der Bayerischen Hypotheken und Wechselbank, für das das iff ein Gutachten erstellte, Recht bekommen.) anzustreben. Weiß man im BMJ, wie viele der Opfer zu einer Klage in der Lage sein werden und mit welchen Argumenten die Gerichte und allen voran der 11. Senat des BGH sich im Prozesskostenhilfeverfahren wieder schützend vor die gefährdete Branche stellen und sich dabei diese neue Arbeitslast vom Hals halten werden?

Die Vorschläge sind so, dass sie diese die Stabilität unseres Kredit- und Banksystzems gefährdende Praxis, Risiken unsichtbar zu machen, ebenso ausweiten werden wie dies bei der Vorfälligkeitsentschädigung oder bei der Unterstellung des grauen Kapitalmarktes unter die (nur formale) Aufsicht des BAFIN erfolgte. Sie stiften mehr Schaden als Nutzen.

IM BUNDESTAGSHEARING HATTEN DIE EXPERTEN ANDERE VORSCHLÄGE

Dabei hatten im Hearing im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages die meisten Experten (auch etwa von MBS-Fonds ebenso wie vom DIHT) viel differenziertere und kritischere Positionen vertreten und zugestimmt, dass ungekündigte Kredite nicht übertragen werden können. Da dies doch geschehe und der anwesende Bundesrichter sogar recht kreativ die Meinung seines Senates in der Weise darlegte, dass die Verbraucher sich nicht effektiv wehren könnten, sahen viele Parlamentarier hier einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Da die Presse hierüber viel geschrieben und inzwischen Fälle beigebracht hat, wo sogar bereits abgezahlte Grundschulden in die Hände Dritter gelangt sind, die nun wieder die vollen Schulden ohne Einschaltung von Gerichten vollstrecken können, hat auch die Bundesregierung offiziell erklärt, auch sie sehe Handlungsbedarf. In Anfragen weist sie auch auf diese Absicht hin.

Nachdem das seit Jahren von derselben Partei verwaltete Justizministerium praktisch bisher alles getan hat, solche Kreditverkäufe an unkontrollierte Fonds zu erleichtern, kann es wenig verwundern, dass jetzt vor allem Kosmetik angeboten wird und dazu noch den Namen des Risikobegrenzungsgesetzes, das hiermit nichts zu tun hat, benutzt.

So weist auch das Finanzministerium auf einen Gesetzentwurf eines "Risikobegrenzungsgesetzes" hin, der zusammen mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbe­teiligungen (MoRaKG)" eingebracht werden soll, der allerdings gerade die Kapitalanlage fördern soll, und zur Zeit wieder auf Eis liegt, weil er im Sachverständigenhearing bei der Industrie durchgefallen ist.

Das Finanzministerium hatte sich hier erheblich ehrlicher ausgedrückt, als es lediglich einen „Prüfungsauftrag“ für Transparenz sowie BAFIN in die Begründung zum Gesetz hineinschreiben wollte. Dort hieß es:

"Bei den beiden weiteren in den Eckpunkten vom 15. August 2007 vorgesehenen Maßnahmen handelt es sich um einen Auftrag zur Prüfung des Regelungsbedarfs im Hinblick auf die Transparenz bei Verkäufen von Kreditforderungen und einen Auftrag an die Exekutive, die mit Finanzinvestoren verbundenen Risiken zu beobachten. Im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs werden Hintergrund und Inhalt dieser beiden Maßnahmen näher erläutert."

Die Ankündigung des Justizministeriums wird eher verschlimmern als verbessern.

Noch mehr Parteien wollen sich engagieren, doch es erscheint alles ein wenig wirr, weil man die drei Arten der Forderungsabtretung nicht auseinander halten kann und immer wenn das eine geregelt wird, die Argumente dagegen aus der anderen Sparte wirksam sind. (Grüne: Grundschuld und Zwangsversteigerung; CDU: Transparenz; Linkspartei: Erhaltung der Hausbank; FDP: nichts bekannt.)

ES GEHT NICHT UM INFORMATION SONDERN UM DIE „VERHINDERUNG DES MISSBRAUCHS WIRTSCHAFTLICHER MACHT“ (Art. 74 Ziff. 16 Grundgesetz)

1. Das Problem verkaufter ungekündigter Kreditnehmer besteht darin, dass derjenige, der dem Verbraucher den Genuss des Kredites vertraglich schuldet, sich davonstiehlt und ausgetauscht wird: an die Stelle einer Bank tritt ein u.U. dubioser ausländischer Investor. Es gehört zu den Hauptpflichten einer Bank (wie eines Vermieters), das geliehene Kapital (oder Haus) während der Laufzeit des Vertrages dem Verbraucher zu belassen. Diese Pflicht kann nicht übertragen werden. Verpflichtungen kann eine Bank nicht los werden. Das wäre eine Enteignung, wie sie das Bundesverfassungsgericht im vergleichbaren Fall der Übertragung von Versicherungsverträgen ausdrücklich dem Gesetzgeber vorgehalten hat. Demgegenüber können die Forderungen, bei denen der Kreditnehmer Schuldner ist, zur Refinanzierung durchaus übertragen werden. Das Verbot des Kreditverkaufs hindert daher nicht eine Refinanzierung durch Forderungsabtretung. Wer anderes behauptet führt die Öffentlichkeit bewusst in die Irre.

2. Transparenz erreicht das Gegenteil von Verbraucherschutz

a) Zunächst zerstört derjenige die übliche Form der Refinanzierung durch Forderungsverbriefungen mit MBS, der deren Offenlegung gegenüber allen Verbrauchern verlangt und zwar auch gegenüber denjenigen, deren Rechte davon deshalb nicht betroffen sind, weil die Bank weiter das Servicing übernimmt und ihre Verpflichtungen gut erfüllt. In allen anderen Fällen besteht schon nach dem Gesetz eine Informationsobliegenheit gem. §§ 407, 409 BGB des alten und neuen Gläubigers, die er erfüllen muss, um alle Rechte zu haben. Eine zusätzliche Transparenzforderung ist unsinnig.

b) Transparenz für den „Verkauf von Darlehensverträgen“ per Gesetz zu verlangen bedeutet, dass man solche Verkäufe implizit akzeptiert. Genauso wie schon bei der Vorfälligkeitsentschädigung oder bei den Haustürgeschäften bei Krediten werden wieder einmal unter dem Vorwand des Verbraucherschutzes bestehende Verbraucherrechte drastisch eingeschränkt. Solch eine Irreführung ist moralisch verwerflich und zeugt von einem schlechten politischen Stil.

KLARE REGELUNG IM GESETZ ZU UNGEKÜNDIGTEN KREDITEN NOTWENDIG

Da die höchsten deutschen Gerichte und die Gutachter dahin tendieren, notleidende Kredite wie gekündigte Kredite zu behandeln und damit die Verbraucher zu entrechten, muss der Gesetzgeber klar stellen, dass nur durch die Kündigung vertragliche Pflichten wie insbesondere die Pflicht, das Kapital zu belassen, beendet werden können. Mehr ist nicht notwendig.

Mit den Refinanzierungsbedürfnissen hat das Alles überhaupt nichts zu tun.

* MBS gibt es nur für gute laufende Kredite. Das funktioniert seit Jahren und ist kein Problem.

* Inkassoabtretung gibt es nur für gekündigte also gescheiterte Kredite. Auch das funktioniert seit Jahren und ist kein Problem.

* Dazwischen gibt es notleidende Kredite. Die sind das eigentliche Problem. Hier müsste behandelt, verhandelt, geschlichtet und eine Reparatur erfolgen. Stattdessen werden die "kranken Kredite" outgesourct, obwohl man den Kreditnehmern beim Abschluss versprochen hat, dass man auch in schwierigen Zeiten für sie da sein will. Das ist Vertrauens- und Rechtsbruch.

Es sind viele Falschspieler am Werk. Es lohnt sich aber für alle Abgeordneten, sich selber eine Meinung zu bilden. Das Expertentum im Finanzsektor wird uns eine Krise nach der anderen bescheren, weil viele dort nicht Experten für die Gesellschaft sondern nur Experten für das Geld sind. Das aber reicht nicht mehr.

ID: 40584
Author(s): UR
Publication date: 28/01/08
   
URL(s):

Pressemeldung des BMFin

Zypries will den Schutz von Kreditnehmern verbessern - Newsletter des BMJ

Entwurf des "Risikobegrenzungsgesetzes"
 

Created: 27/11/07. Last changed: 14/05/08.
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